Sahra Wagenknecht:Annäherung an die Nato

Die Linken-Fraktionschefin gibt sich plötzlich aufgeschlossen für Rot-Rot-Grün. In Fragen der Nato-Mitgliedschaft Deutschlands schlägt sie nun moderate Töne an. Eine Regierungsbeteiligung um jeden Preis aber lehnt sie ab.

Von Constanze von Bullion, Berlin

In der Debatte über ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis im Bund hat die Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, Dialogbereitschaft signalisiert. In Fragen der Nato-Mitgliedschaft Deutschlands schlug Wagenknecht zunächst vergleichsweise moderate Töne an. Gleichzeitig betonte sie, mit einer Zustimmung der Linken zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr sei nicht zu rechnen. Auch über soziale Fragen sei noch zu reden. "Wir gehen in eine Regierung, wenn es eine Chance gibt - und ich hoffe, dass es diese Chance gibt -, das Land sozialer zu gestalten", sagte Wagenknecht im ZDF-Sommerinterview. Eine Regierungsbeteiligung um jeden Preis aber lehne sie ab. "Wir haben seit Jahren eine Politik, die den Sozialstaat zerstört und die Ungerechtigkeit vergrößert. Wenn das fortgesetzt werden soll, braucht es die Linke nicht."

Seit SPD-Chef Sigmar Gabriel zu mehr Einigkeit des rot-rot-grünen Lagers aufgerufen hat, hat auch in der Linken ein Disput darüber begonnen, ob und wie ein solcher Annäherungsprozess zu gestalten wäre. Hauptbefürworter einer Regierungsbeteiligung der Linken im Bund ist Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Themen, bei denen mit SPD und Grünen keine Einigung zu finden sei, etwa bei der Einstellung zur Nato, könne man auch mal beiseitelegen, sagte er kürzlich. Daran solle die Linke keine Koalition scheitern lassen. Am Wochenende legte Ramelow nach und sagte dem Spiegel, es sei "nicht hilfreich" gewesen, dass Wagenknecht im Bundestag auf Brüsseler "Antidemokraten" geschimpft habe.

Wagenknecht, die als Vertreterin des linken Parteiflügels immer erhebliche Einwände gegen eine linke Regierungsbeteiligung im Bund vorbrachte, setzte sich im ZDF nun gegen Ramelows Kritik zur Wehr. Wenn Brüssel vorgehabt habe, das umstrittene Freihandelsabkommen Ceta mit Kanada ohne Beteiligung nationaler Parlamente in Kraft zu setzen, sei das "wirklich antidemokratisch", sagte sie. "Wir haben ja aktuell leider die Entwicklung, dass vieles, was sich in Brüssel abspielt, die europäische Idee eher diskreditiert als ihr hilft." Auf die Frage, was aus Deutschlands Nato-Mitgliedschaft werden solle, falls die Linke im Bund mitregiere, sagte Wagenknecht: "Natürlich wird Deutschland nicht an dem Tag, an dem wir in die Regierung einsteigen, aus der Nato aussteigen. Aber Deutschland dürfte sich und sollte sich an keinen Interventionskriegen mehr beteiligen." Zudem müsse dann auch versucht werden, "eine andere Politik gegenüber Russland innerhalb der Nato durchzusetzen". Wagenknecht verzichtete hier auf einen Verweis aufs linke Parteiprogramm, wonach die Nato aufgelöst und durch ein "kollektives Sicherheitssystem unter Einschluss Russlands" ersetzt werden soll.

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