Ermittlungen:Polizeiskandal erschüttert Sachsen

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Sächsische Polizisten (Symbolbild) (Foto: Harry Haertel/dpa/Bearbeitung SZ)

Spezialkräfte sollen sich zu nicht genehmigten Schießtrainings verabredet und Dienstmunition entwendet haben. Die Ermittler prüfen Verbindungen zur rechtsextremen Gruppe "Nordkreuz".

Von Ulrike Nimz, Leipzig

Die sächsische Polizei wird von einem Skandal erschüttert. Am Dienstag waren Ermittlungen gegen Mitglieder des Mobilen Einsatzkommandos des Landeskriminalamtes bekannt geworden. Die Beamten sollen Dienstmunition gestohlen und illegale Schießtrainings durchgeführt haben.

Wie die Generalstaatsanwaltschaft mitteilte, wird gegen insgesamt 17 Polizeibeamte wegen Diebstahls und Beihilfe zum Diebstahl, Verstoßes gegen das Waffengesetz und Bestechlichkeit ermittelt. Am Dienstag seien im Großraum Dresden die Privatwohnungen von vier Hauptbeschuldigten und die dienstlichen Arbeitsplätze aller Beschuldigten durchsucht worden. An dem Einsatz waren insgesamt mehr als 40 Beamte des Landeskriminalamts Sachsen (LKA) beteiligt.

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Die Hauptbeschuldigten im Alter zwischen 32 und 49 Jahren sollen im November 2018 mindestens 7000 Schuss Munition aus Beständen der sächsischen Polizei entwendet haben, unter anderem für Maschinen- und Sturmgewehre. Die Munition setzten sie offenbar am Rande einer polizeilichen Ausbildungswoche als Bezahlung für ein von der Firma "Baltic Shooters" organisiertes Schießtraining auf einer Schießanlage in Güstrow ein, an dem weitere 13 Beamte im Alter von 30 bis 54 Jahren teilnahmen.

Nach Auskunft des sächsischen Landeskriminalamtes sei das Schießtraining zwar beantragt, jedoch durch Vorgesetzte untersagt worden. Darüber hätten sich die Bediensteten bewusst hinweggesetzt. Die vier Hauptbeschuldigten seien auch für die Waffenkammer zuständig gewesen und hätten die Munition als "verschossen" gemeldet, sagte Petric Kleine, Präsident des LKA, auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz in Dresden.

Aufgrund der Schwere der Vorwürfe sei allen beschuldigten Beamten das Betreten der Diensträume untersagt worden, den vier Hauptbeschuldigten auch die Führung der Dienstgeschäfte. Gegen alle Betroffenen wurden Disziplinarermittlungen eingeleitet, so Kleine.

Sachsens Innenminister spricht von einem "unfassbaren Maß an krimineller Energie"

Die Firma "Baltic Shooters" war im Zuge der Ermittlungen zur rechtsextremen Prepper-Gruppe "Nordkreuz" bekannt geworden, deren Mitglieder auf auf dem Schießplatz in Güstrow trainiert hatten, ebenso wie Polizisten aus Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen.

Dem aktuellen sächsischen Verfahren liegen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Schwerin gegen den Schießplatzbetreiber Frank T. zugrunde. 2018 soll der Sportschütze dem inzwischen zurückgetretenen Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns, Lorenz Caffier (CDU), eine Waffe verkauft haben.

Für etwaige Verbindungen zur Gruppe "Nordkreuz", deren Mitglieder unter anderem Listen politischer Gegner angelegt hatten, gebe es derzeit keine Anhaltspunkte, heißt es seitens der Dresdner Generalstaatsanwaltschaft. Mögliche Verbindungen seien jedoch Teil der andauernden Ermittlungen.

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sprach von einem enormen Vertrauensbruch. "Das Verhalten der Beamten entsetzt mich. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, ist das ein unfassbares Maß an krimineller Energie." Er habe deshalb angewiesen, das Mobile Einsatzkommando am Standort Dresden aufzulösen und neu aufzubauen. Auch personelle Konsequenzen beim Landeskriminalamt seien nicht ausgeschlossen.

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