Sachsen:Ohne Haltung

Die Staatsanwaltschaft Chem­nitz billigt Aufrufe, Angela Merkel und Sigmar Gabriel an den Galgen zu bringen. Ein Skandal.

Von Ronen Steinke

Oft wird ja Facebook dafür kritisiert, dass dort nur schlecht ausgebildete, unterbezahlte Hilfskräfte das Netz nach volksverhetzenden Inhalten flöhen. Sie haben manchmal nur Sekunden, um über Hasspostings ein Urteil zu fällen. Über teils schwierige Grenzfragen der Meinungsfreiheit. Andere haben viel Zeit, viel studiert. Sie sitzen in der Justiz. Und versagen trotzdem und umso kläglicher an der Aufgabe, Menschen vor solcher Hetze zu beschützen.

Die Staatsanwaltschaft Chemnitz hat es sich sogar gut überlegt, bevor sie jetzt einen Gewalt-Aufruf gegen Angela Merkel und Sigmar Gabriel ausdrücklich gebilligt hat; einen Galgen mit diesen Politiker-Namen darauf, den ein Pegidist im Internet verkauft. Der Galgen sei nur eine Metapher, verniedlichen die Staatsanwälte. Hier werde nicht wirkliche Gewalt verherrlicht, sondern, da es gegen Politiker geht, nur deren "politischer Tod". Das Absurde an dem Argument ist, wie uferlos es sich übertragen lässt, um auch andere Drohungen herunterzuspielen. Beim einen Opfer war "nur" der politische Tod gemeint. Beim nächsten "nur" der journalistische, fußballerische, religiöse?

Was die sächsische Justiz da ausstellt, ist ein Freifahrtschein für Gewaltdrohungen; so verweigern Strafverfolger ihre Arbeit. Und es ist dieser Mangel an Haltung der Justiz gegenüber gewaltbereiten Hetzern, der in Sachsen schon lange Teil des Problems ist.

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