Saatgut-Markt:Bayer greift nach Monsanto

Mit der Übernahme des US-Konzerns will der Pharma-Riese weltgrößter Saatgut- und Pflanzenschutzhersteller werden. Die Leverkusener könnten sich damit zum Komplett-Anbieter für die Landwirtschaft entwickeln.

Von Varinia Bernau und Claus Hulverscheidt, Düsseldorf/New York

Der deutsche Traditionskonzern Bayer will den US-Saatguthersteller Monsanto kaufen, den wohl umstrittensten Chemie-Riesen der Welt. Vertreter beider Unternehmen haben sich bereits getroffen, um eine einvernehmliche Übernahme auszuloten. Gelingt diese, würde Bayer nicht nur zum weltweit größten Anbieter von Saatgut aufsteigen, sondern auch die Schweizer Syngenta als Spitzenreiter unter den Pflanzenschutzproduzenten ablösen. Monsanto steht vor allem wegen seines gentechnisch veränderten Saatguts und der Entwicklung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat in der Kritik. Strategisch wäre das Unternehmen für Bayer dennoch ein sinnvoller Partner.

Bayer, mit Sitz in Leverkusen und weltweit 117 000 Mitarbeitern, ist zwar mit der Chemie groß geworden, hat sich aber aus diesem Bereich immer weiter zurückgezogen. Tragende Säule ist heute neben Medikamenten die Agrarchemie. Im vergangenen Jahr trug diese etwa ein Viertel zum Umsatz von insgesamt 43,6 Milliarden Euro bei. Dieses Geld verdient Bayer vor allem mit Pestiziden, als Anbieter von Saatgut ist der Konzern noch vergleichsweise klein. Sollte er sich nun mit Monsanto stärken, könnte er als Komplettanbieter bei den Landwirten auftreten - und sich damit im weltweiten Wettbewerb besser gegen die amerikanischen und asiatischen Konkurrenten behaupten, die zuletzt ebenfalls Übernahmen vollzogen haben.

Monsanto beschäftigt in mehr als 60 Ländern etwa 23 000 Mitarbeiter, die einen Umsatz von zuletzt etwa 15 Milliarden Dollar im Jahr erwirtschafteten. Viel Geld verdient das Unternehmen mit genverändertem Saatgut. Es macht Soja, Mais und andere Getreidearten immun gegen ein spezielles Unkrautvernichtungsmittel, das der Konzern ebenfalls entwickelt hat. Sowohl die Erlöse als auch der Gewinn waren allerdings zuletzt rückläufig. Zum Minus trugen der Preisverfall bei Saatgut, aber auch Auseinandersetzungen mit Regierungen und Behörden im In- und Ausland bei.

Der Konzern mit Sitz in St. Louis im Bundesstaat Missouri ist auch in den USA nicht unumstritten. Kritiker werfen ihm einen ruppigen Umgang mit Kunden, einen bedenkenlosen Umgang mit der Natur und aggressive Lobby-Arbeit vor. Immer wieder berichteten Landwirte von Einschüchterungsversuchen durch den Konzern. Andere klagen, dass sie mit dem Umstieg auf Monsanto-Produkte praktisch abhängig von dem Unternehmen geworden seien.

An der Börse wird Monsanto derzeit mit umgerechnet etwa 37,2 Milliarden Euro bewertet. Analysten rechnen im Falle einer Übernahme zudem mit einem üppigen Aufschlag. Damit wäre der Deal der mit Abstand größte Kauf in der Firmengeschichte von Bayer, nach der 17 Milliarden Euro schweren Übernahme des Pharmakonzerns Schering vor zehn Jahren. Unklar ist, wie Bayer dies finanziert. Dies drückte am Donnerstag unter Börsenhändlern die Stimmung. Nachdem die Verhandlungen bekannt geworden waren, verlor die Bayer-Aktie mehr als sieben Prozent.

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