Russland-Wahl:Teile und herrsche

Die Stärke der Kreml-Partei "Einiges Russland" ergibt sich auch aus der Schwäche der Opposition, die in sich zerstritten ist.

Daniel Brössler

Wenn Russlands oberster Kommunist auf Wahlkampfreisen ist, dann gehört der Besuch bei Lenin zum Pflichtprogramm. Und so legte Gennadij Sjuganow auch in Kursk, 500 Kilometer südlich von Moskau, rote Nelken nieder am Denkmal für den Revolutionsführer. Von dort aber führte der Weg den Parteichef ins Kloster.

Gerührt vom freundlichen Empfang durch die Mönche im Männerkloster Korener Einöde nahm Sjuganow eine Ikone entgegen und sprach: "Russland kann nur stark sein, wenn es gerecht und geistig ist." Auch andernorts präsentierte sich der Kommunist als Freund der Religion.

In Burjatien, mehr als 5000 Kilometer östlich von Moskau, besuchte Sjuganow buddhistische Tempel und versicherte, gläubige Menschen seien die treuesten Kommunisten.

Ein paar Kompromisse sind auf Stimmenfang schon nötig. Zwar glorifiziert Sjuganow unverdrossen die sowjetische Vergangenheit, die Unterdrückung der Religion aber nennt er einen "unverzeihlichen Fehler". Das ändert nichts daran, dass die orthodoxe Amtskirche traditionsgemäß auf Seiten der Macht steht - und die wird repräsentiert durch Präsident Wladimir Putin und seine Partei Einiges Russland.

Kommunisten als einzige Opposition

Die Kommunistische Partei, die mehr als 70 Jahre lang die Geschicke des Landes gelenkt hat, kennt seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion nur die Rolle der Opposition. Neu ist, dass sie diese Rolle demnächst womöglich ganz alleine ausfüllen muss.

Umfragen zufolge ist den Kommunisten der Russischen Föderation (KPRF) als einziger Partei außer Putins Einigem Russland der Einzug in die Duma sicher. Das gilt sogar für den unwahrscheinlichen Fall, dass die KPRF die Sieben-Prozent-Hürde verfehlt.

Die russische Verfassung verbietet die Bildung eines Ein-Parteien-Parlamentes. Als zweitstärkster Kraft ist den Kommunisten der Einzug ins Abgeordnetenhaus daher garantiert.

Der jüngsten Umfrage des Moskauer Meinungsforschungsinstituts WZIOM zufolge kann die KPRF aber ohnehin mit 12,2 Prozent der Stimmen rechnen. Das staatliche Institut sieht auch die Liberaldemokraten (LDPR) mit acht und die Partei Gerechtes Russland mit sieben Prozent in der Duma.

Diese beiden Parteien sind allerdings keinesfalls zur Opposition zu zählen. Die chauvinistisch geprägte Truppe des Politclowns Wladimir Schirinowskij steht verlässlich an der Seite des Kreml. Im Wahlkampf reservierte der LDPR-Chef seine Schreianfälle für Angriffe auf die Liberalen und den Westen.

Teile und herrsche

Chancenlos sind die Demokraten

Präsident Putin kam wie immer ungeschoren davon. Von der Partei Gerechtes Russland hat der Präsident noch weniger zu befürchten. Sie ist eine Erfindung des Kreml und soll mit linken Parolen den Kommunisten Stimmen abjagen.

Chancenlos sind die Demokraten. Schon 2003 waren sowohl die linksliberale Oppositionspartei Jabloko als auch die wirtschaftsliberale Union Rechter Kräfte (SPS) an der damals geltenden Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Eine Lehre zogen die Parteien nicht.

Alle Versuche, die demokratische Opposition zu einen, misslangen. Und Jabloko-Chef Grigorij Jawlinskij wurde zur tragischen Figur. Bei der Präsidentenwahl 1996 hatte er noch 7,3 Prozent der Wähler für sich gewonnen, heute führt er eine Splitterpartei.

Selbstsüchtig habe er die Vereinigung der Opposition hintertrieben, sagen seine Kritiker. "Jawlinskij akzeptiert nur eine Form der Vereinigung: Alle treten Jabloko bei", ätzte der SPS-Vorsitzende Nikita Belych.

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