Russland verschärft Demonstrationsgesetz:Von der Kluft zwischen Macht und Volk

Wladimir Putin ist wieder Präsident, die Welle der Entrüstung im russischen Volk hatte sich gerade gelegt. Doch nun hat die Staatsmacht durch eine Verschärfung des Demonstrationsrechts den Menschen wieder einen Grund gegeben, auf die Straße zu gehen. Ihre Ziele wird die Opposition aber langfristig nur auf einem anderen Weg erreichen können.

Frank Nienhuysen

Wenn der russischen Opposition das Feuer ausgeht, kann sie sich immer noch auf die Staatsmacht verlassen. Es hatte bereits Anzeichen einer Zersplitterung gegeben; kleine, radikalere Aktionen auf der einen Seite, Müdigkeit der Massen auf der anderen.

Russlands Mittelstand schien sich damit abgefunden zu haben, dass Wladimir Putin nun eben wieder Präsident ist, für einen weiteren Marsch auf Moskaus Straßen fehlte ein Anlass. Jetzt aber hat der Kreml selbst wieder die Emotionen entfacht mit einem umstrittenen Gesetzentwurf.

Die Verschärfung des Demonstrationsgesetzes, über welche die Duma-Abgeordneten jetzt zu befinden hatten, hat die Opposition kurzzeitig wieder geeint. Die Protagonisten der Straßenproteste nutzen ohnehin jede Gelegenheit der Kritik. Aber nun verlassen auch Mitglieder des Menschenrechtsrats aus Verdruss das Gremium, und sogar die Opposition in der Duma formiert ihren Widerstand.

Flankiert wird dies alles von Kritik aus dem Ausland. Nicht, dass die russische Führung allzu viel gibt auf die Meinung des Auslands oder des grantelnden Teils der Bevölkerung. Aber nun dürften viele Russen wieder einen Grund sehen, auf der geplanten Großkundgebung nächste Woche ihren Unmut zu demonstrieren - und die Kluft zwischen Macht und Volk.

Genau deshalb ist das neue Gesetz das falsche Signal. Moskau muss lernen, dass es das Land dauerhaft kaum stabil halten kann, wenn es die unzufriedenen Menschen nicht ernst nimmt. Die Opposition wiederum kann auf Dauer nicht auf der Straße gewinnen. Auch wenn es schwer ist, sie muss versuchen, gebündelt über eine Partei die Parlamente zu erobern. In den Städten, den Regionen - und später in Moskau.

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