Russland und die Opposition:Kreml geht massiv gegen Kritiker vor

Die Opposition in Russland geht gegen Putin auf die Straßen - und nimmt in Kauf, dass in Moskau und St. Petersburg Hunderte Demonstranten festgenommen wurden.

Daniel Brössler

Eine Woche vor der Parlamentswahl in Russland geht der Kreml mit Härte gegen seine Kritiker vor. Die Polizei löste am Sonntag den zweiten Tag in Folge eine friedliche Demonstration auf und nahm in St. Petersburg mehrere Dutzend Oppositionsanhänger fest.

Sie hatte bereits am Samstag in Moskau auf ähnliche Weise auf einen Marsch von Gegnern von Präsident Wladimir Putin reagiert. Dort wurde auch der frühere Schachweltmeister und prominente Putin-Kritiker Garri Kasparow verhaftet und zu fünf Tagen Gefängnis verurteilt.

In St. Petersburg kamen am Sonntag etwa hundert Demonstranten mit weißen Blumen aus der Zentrale der liberalen Jabloko-Partei. Die Polizei schritt ein, als einige junge Demonstranten ein Transparent der verbotenen National-Bolschewistischen Partei entfalteten. Später wurden auch zahlreiche andere Teilnehmer abgeführt.

Vor der Eremitage sammelten sich dennoch mehrere Hundert Demonstranten, die Sprechchöre riefen wie "Russland ohne Putin". Der Platz wurde jedoch von Polizisten in Kampfausrüstung blockiert, die mehr als hundert Demonstranten festnahmen. Zu den Demonstranten zählte auch der Oppositionsführer Boris Nemzow von der Union Rechter Kräfte (SPS). "Was wir in St. Petersburg erleben, ähnelt einer militärischen Operation", sagte Olga Kurnosowa vom Oppositionsbündnis Anderes Russland.

Am Vortag hatte sich in Moskau ein ähnliches Bild geboten, als mehrere Tausend Kreml-Kritiker auf dem Sacharow-Prospekt zu einem "Marsch der Nicht-Einverstandenen" zusammenkamen.

Fünf Tage Gefängnis für Kasparow

Im Anschluss an die genehmigte Kundgebung machten sich etwa 150 Demonstranten auf den Weg zum Gebäude der Zentralen Wahlkommission. Dort wollten sie ein Schreiben gegen die Benachteiligung der Opposition bei der Wahl überreichen. Polizisten in Kampfmontur und Beamte in Zivilkleidung versuchten, die Menschen zu stoppen. Dabei wurden immer wieder einzelne Demonstranten aus der Menge gegriffen und abgeführt. Auch Kasparow und der Vorsitzende der National-Bolschewistischen Partei, Eduard Limonow, wurden festgenommen.

Kasparow wurde am Samstagabend zu fünf Tagen Gefängnis verurteilt, weil er gegen Versammlungsvorschriften verstoßen habe und Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet haben soll. Vor der Festnahme war Kasparow von Journalisten umringt gewesen. Mehrere Polizisten zerrten ihn zu einem Polizeibus. Nach eigenen Angaben wurde er dabei geschlagen. Seine Verhaftung sei Ausdruck einer "von Angst diktierten Hysterie", sagte er.

In Russland wird am 2. Dezember eine neue Staatsduma gewählt. Präsident Putin tritt dabei als Spitzenkandidat der Partei Einiges Russland an und nutzt staatliche Stellen massiv für den Wahlkampf.

In Dagestan, im Süden der Russischen Föderation, starb der Oppositionskandidat Farid Babajew an den Folgen eines Mordanschlags. Der Politiker der Jabloko-Partei war am Mittwochabend vor seiner Wohnung in Machatschkala niedergeschossen worden.

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