Russland:Sag einfach Njet

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Präsident Wladimir Putin fand Donald Trump zunächst offenbar richtig gut. Jedenfalls berichteten die Staatsmedien überaus positiv. Das ist jetzt vorbei.

Von Julian Hans

Auf anderen Gebieten mag die Bilanz der ersten vier Wochen des neuen US-Präsidenten nicht so gut ausfallen. In Russland ist Donald Trump aber etwas gelungen, was wohl noch keiner geschafft hat: Im Januar wurde sein Namen in Russlands Medien häufiger genannt als der jedes anderen Politikers - sogar häufiger als der des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Und zwar mit Abstand: 202 000 Berichte haben sich laut der staatlichen Agentur Interfax seit Anfang des Jahres mit Trump beschäftigt, mit Putin dagegen nur 148 000.

Quantität ist natürlich nicht alles, aber auch der Inhalt der Berichte dürfte den von den US-Medien so tief enttäuschten Trump trösten (wenn sie ihm denn jemand übersetzte). Nachdem Russlands Staatsmedien über Jahre den US-Präsidenten als Gottseibeiuns für alles Übel der Welt verantwortlich machten, haben sie sich seit dem Wechsel von Barack Obama auf Trump zu seinen glühendsten Verteidigern gewandelt. Das staatliche Fernsehen lobte seine Pläne zum Mauerbau an der mexikanischen Grenze als "konsequent und gründlich". Seine Ausfälle gegen Frauen seien kein Sexismus, sagte Dmitrij Kisseljow, Chef der Propaganda-Holding Rossija Segodnja. Trump sei nur ein echter Kerl vom Schlage eines russischen Muschik. Europa erscheint in diesen Sendungen als zerfallende Union und Angela Merkel auf verlorenem Posten: "Sie spürt die Kälte schon. Mit Trump wird die Temperatur weiter fallen", raunte Kisseljow. Auf ihrem Foto prangte der Stempel "Abgelaufen".

"Verwunderlich, dass der Tag der Inaugurationsfeier nicht zum Feiertag erklärt wurde."

"Verwunderlich, dass der Tag der Inaugurationsfeier in Russland nicht zum Feiertag erklärt wurde", spottete derweil die Kreml-kritische Presse. Inzwischen ging das sogar den ansonsten stets Kreml-treuen Hurra-Patrioten von der Nationalen Befreiungsbewegung zu weit. Am Mittwoch protestierten sie vor der Moskauer Zentrale von Rossija Segodnja gegen den "Trump-Kult" in den Medien.

Der Honeymoon fand nun mit der Entlassung des Moskau eng verbundenen Sicherheitsberaters Michael Flynn ein jähes Ende. Allein die Bereitschaft zum Dialog mit Moskau werde von Falken in Washington schon als Gedankenverbrechen gewertet, schimpfte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Föderationsrat, Konstantin Kossatschow. Entweder sei Trump gar nicht so souverän, wie er sich gebe, "oder die Russophobie hat auch die neue Administration von Kopf bis Fuß erfasst".

Der Aussage von Trumps Sprecher, Washington erwarte eine Rückgabe der Krim, erteilte Putins Sprecher Dmitrij Peskow am Mittwoch eine kühle Abfuhr: "Dieses Thema werden wir nicht diskutieren, es kann auch nicht diskutiert werden", sagte er. Russland bespreche seine territorialen Fragen nicht mit ausländischen Partnern. Die Russen sind jähe Kehrtwenden gewohnt. Innerhalb von Monaten wurde etwa die Türkei vom Partner zum Feind und wieder zum Freund. Die Regierung hat sich indes mit unkonkreter Höflichkeit gegenüber Trump ("eine bemerkenswerte Persönlichkeit") alle Optionen offengehalten. Die Medien haben längst Schuldige dafür gefunden, wenn aus der Achse Washington-Moskau nichts wird: republikanische Falken, Russlandfeinde in den Geheimdiensten, die Medien oder einfach das Washingtoner Establishment. Auch da sind sie mit Trump einig.

© SZ vom 16.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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