Russland:Siegerpose mit Assad

Assad trifft Putin in Sotschi

Russlands Präsident Putin hat den syrischen Diktator Baschar al-Assad nach Sotschi einfliegen lassen.

(Foto: dpa)

Wenn Russlands Präsident Putin mit dem Diktator aus Syrien auftritt, geht es ihm weniger um das Kriegsland. Es geht ihm vor allem darum, die gewachsene Rolle Moskaus in der Weltpolitik zu demonstrieren.

Kommentar von Julian Hans

In der Politik gibt es wenig schönere Aufgaben, als einen Frieden auszurufen. Steigern lässt sich das nur, indem man einen Frieden und gleichzeitig einen Sieg verkündet. Weil das so schön ist, machen Politiker das bisweilen gleich mehrmals, während der Krieg in Wahrheit weitergeht. Im Gedächtnis geblieben ist der Auftritt von US-Präsident George W. Bush an Deck des Flugzeugträgers USS Lincoln 2003: "Mission accomplished" stand auf einem Banner, Auftrag erfüllt. Aber der Präsident erklärte, der Einsatz werde fortgesetzt - nur in anderer Form. Er hat seitdem viele Formen durchschritten, bis heute kämpfen amerikanische Soldaten im Irak.

Nicht ganz so gut in Erinnerung geblieben ist, wie Wladimir Putin schon einmal ein Ende der Operation in Syrien verkündet hat. Die Generäle hätten ihre Aufgabe erfüllt, die Truppen würden abgezogen, versprach er im März 2016. Tatsächlich ging der Einsatz danach erst richtig los, in den folgenden Monaten verwandelten russische Bomber Aleppo in ein Ruinenfeld. Zum Jahresende wurde wieder eine Waffenruhe verkündet. Wie viele vor ihr und einige danach hielt sie nicht lange.

Nun hat Putin den syrischen Diktator Baschar al-Assad nach Sotschi einfliegen lassen. Vor den Kameras des russischen Fernsehens dankte Assad seinem Gastgeber und Schutzherrn für dessen Hilfe bei der Befreiung seines Landes von Terroristen. Und Putin mahnte, nach Abschluss der militärischen Phase sei nun die Zeit für eine politische Lösung gekommen.

Dem Publikum vor den Bildschirmen wird damit ein schöner Erfolg präsentiert. In vier Monaten sind Präsidentenwahlen in Russland; Putin hat immer noch nicht offiziell gesagt, dass er teilnimmt, aber der Wahlkampf läuft längst. Zwar haben sich die Menschen in Russland für den Syrien-Krieg nie sehr interessiert, weder Opfer noch Erfolge dort haben sie besonders bewegt - anders als beim Krieg in der Ukraine. Was Russen aber schätzen, ist das neue Selbstbewusstsein, mit dem ihr Land auf der internationalen Bühne agiert: Russland wird wieder geachtet und gefürchtet, das ist die Hauptsache.

Syrien ist Russland nicht wichtig. Putins Rolle in der Welt schon

Putin hat das mit dem Eingreifen in Syrien zu einem ziemlich kleinen Preis erreicht. Als 2013 der Giftgas-Einsatz in Damaskus ohne Folgen blieb, war klar, dass der damalige US-Präsident Barack Obama nichts tun würde. Und Donald Trump ist sogar froh, Putin in Syrien das Feld überlassen zu können. Der brauchte nur das Vakuum zu füllen. Russlands neue Stärke ist in Wahrheit Amerikas Schwäche.

Die Olympia-Stadt Sotschi ist derweil schon fast zu einem neuen Zentrum der internationalen Diplomatie aufgestiegen. Assad ist gerade abgeflogen, da kommen an diesem Mittwoch Irans Präsident Hassan Rohani und sein türkischer Kollege Recep Tayyip Erdoğan zu einem Syrien-Gipfel ans Schwarze Meer. Im Oktober war der saudische König Salman zum ersten Mal in Moskau zu Besuch. Zwar betonte Putin auch im Gespräch mit Assad, der Friedensprozess müsse von den Vereinten Nationen zu Ende geführt werden. Aber die Fäden dafür werden nicht mehr in Washington gezogen, wie das früher selbstverständlich zu sein schien, sondern in Moskau.

Ob am Ende wirklich ein Pax russica herauskommt, ist offen. Assad hat bisher zwar gern die Unterstützung der russischen Luftwaffe und Aufklärung angenommen, alle Vermittlungsansätze für einen Übergang aber nach Kräften sabotiert. Und er hatte die Erfahrung gemacht, dass selbst Kriegsverbrechen wie Giftgaseinsatz seine Schutzmacht sogar noch enger an ihn binden, solange Moskau das Regime um keinen Preis stürzen sehen will. Gerade erst hat Russland zum zehnten Mal im UN-Sicherheitsrat eine Resolution gegen Damaskus verhindert. Eine milde Mahnung in Sotschi nimmt Assad dafür gern in Kauf.

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