Russland:Ermittler eröffnen Strafverfahren gegen Kreml-Kritiker

Er hat vor laufenden Kameras in einer TV-Show einen Geschäftsmann geschlagen. Deshalb haben russische Strafermittler den Medienunternehmer Lebedew wegen Rowdytum und Köperverletzung angeklagt. Der Beschuldigte vermutet dagegen politische Motive hinter dem Verfahren.

Die oberste russische Strafermittlungsbehörde hat ein Verfahren gegen den Kreml-Kritiker Alexander Lebedew eröffnet. Ihm werden Rowdytum und Körperverletzung vorgeworfen. Bei einem Fernsehauftritt hatte Lebedew im September 2011 vor laufenden Kameras einen anderen Geschäftsmann geschlagen.

Lebedew vermutet jedoch, dass politische Motive hinter der Anklage stecken. Erst im August hatte der Geschäftsmann Repressionen durch den Inlandsgeheimdienst FSB beklagt und erklärt, seine geschäftlichen Aktivitäten in Russland einzustellen. Zugleich hatte er angekündigt, eine aktivere Rolle in der Politik einnehmen zu wollen.

Als Unternehmer machte der Milliardär sein Geld vor allem im Bankensektor, außerdem gehören ihm Anteile an den Fluggesellschaften Aeroflot und Red Wings. Außerdem ist er im Mediensektor aktiv: Lebedew ist an der regierungskritischen Zeitung Nowaja Gaseta sowie den britischen Zeitungen The Independent und Evening Standard beteiligt.

Die Anklage gegen Lebedew passt zur Politik des Kreml in den vergangenen Monaten. Seitdem Wladimir Putin im März erneut Präsident wurde, geht die Regierung in Moskau mit größere Härte gegen die Opposoition vor:

Vor zwei Wochen entzog die Duma dem kremlkritischen Abgeordneten Gennadi Gudkow das Mandat. Der 56-Jährige ist einer der Organisatoren der Massenproteste im Frühjahr, als auf Moskaus Straßen Zehntausende gegen die russische Regierung demonstriert hatten.

So waren Mitte August drei Sängerinnen der Punkband "Pussy Riot" ebenfalls wegen Rowdytums von einem Gericht schuldig gesprochen und zu jeweils zwei Jahren Straflager verurteilt worden. Sie hatten zuvor in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale vor dem Altar ein "Punk-Gebet" vorgetragen, dass sich gegen die Russisch-Orthodoxe-Kirche richtete und auch Kritik an Präsident Putin übte.

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