Russland:Bruderkrieg

In der Krise beginnt das System Putin, sich selbst zu zerfleischen.

Von Julian Hans

Schon vor einer Woche hat Alexej Uljukajew sich schuldig bekannt. Nicht etwa, die zwei Millionen Dollar Bestechungsgeld angenommen zu haben, derentwegen ihn ein Moskauer Gericht am Freitag zu acht Jahren Lager verurteilte. Die Tat bestreitet er weiter vehement. Vielmehr bereute es der langjährige Wirtschaftsminister in seinem letzten Wort vor Gericht öffentlich, zu lange mitgespielt zu haben im politischen System von Wladimir Putins Russland. "Ich bin zu oft Kompromisse eingegangen", klagte er, "habe Geschenke angenommen und auch selbst welche gemacht." Alles um der guten Beziehungen und der Karriere willen. Wie schlecht es den Menschen im Land gehe, habe er erst in dem Moment verstanden, in dem er selbst in Not geraten sei.

Man darf vermuten, dass öffentliche Reue dieser Art in Zukunft noch öfter zu hören sein wird. In der Krise beginnt das System, sich selbst zu zerfleischen. Als Putin seine Macht noch aufbaute, traf es politische Gegner und reiche Oligarchen wie Michail Chodorkowskij. In der Krise ist der Kuchen geschrumpft, den es zu verteilen gibt, seitdem tobt der Kampf um die Stücke zwischen den Akteuren des Systems selbst.

Im Streit um das Unternehmen Bashneft hat Rosneft-Chef Igor Setschin erst den Putin-treuen Unternehmer Wladimir Jewtuschenkow enteignen lassen und nun den Minister Uljukajew hinter Stacheldraht gebracht. Niemand ist sicher, nicht der Nächste zu sein.

© SZ vom 16.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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