Russland:Beobachter, mehr nicht

Moskau hat nach eigener Aussage bisher keine Bitten um Hilfe aus Athen bekommen. Der Kreml hätte angesichts eigener Nöte derzeit wohl auch sehr wenig Interesse daran, Geld in der Griechenland-Krise zu verlieren.

Von Julian Hans, Moskau

Nur ein paar nüchterne Zeilen kamen am Montagnachmittag zum Ausgang des Referendums in Griechenland aus dem Kreml: Präsident Wladimir Putin unterstütze Athen in seinen Bemühungen, einen Weg aus der Krise zu finden. In einem Telefonat habe der griechische Premierminister Alexis Tsipras den russischen Präsidenten über die Lage im Land informiert und versichert, "dass die Kontakte mit den europäischen Kreditgebern fortgesetzt werden", sagte Putins außenpolitischer Berater Jurij Uschakow. Die Initiative zu dem Telefonat ging dem Kreml zufolge von Athen aus.

Triumph klingt anders. Bereits in den vergangenen Wochen, als die Spannungen zwischen Brüssel und Athen von Tag zu Tag zunahmen, hielten sich sowohl russische Politiker als auch die staatlichen Medien mit Kommentaren zurück. Die Befürchtungen, Moskau könne dem Showdown zwischen Brüssel und Athen als lachender Dritter zusehen und womöglich Alexis Tsipras mit eigenen Krediten locken, haben sich nicht bewahrheitet.

Bis jetzt habe es keine griechischen Bitten um Finanzhilfen gegeben, betonte Putins Sprecher Dmitrij Peskow am Montag noch einmal. "Das Thema hat in unseren bilateralen Kontakten keine Rolle gespielt." Auf die Frage, ob das Thema vielleicht doch noch aktuell werden könne, sollten sich die Griechen und ihre Kreditgeber nicht einig werden, antwortete der Sprecher knapp: "Das müssen Sie die Athener fragen." Russland beobachte die Entwicklung in Griechenland jedenfalls aufmerksam.

Im April war der griechische Ministerpräsident Tsipras nach Moskau gereist, hatte dort die historischen und spirituellen Gemeinsamkeiten der beiden orthodox geprägten Länder gepriesen und die Sanktionen der EU gegen Russland kritisiert. Bei der Abstimmung über die Beibehaltung von Sanktionen vor zwei Wochen fehlte dann allerdings auch die griechische Stimme nicht.

Auf dem Petersburger Wirtschaftsforum Anfang Juni unterzeichnete Tsipras dann eine Absichtserklärung, die geplante Gaspipeline Turkish Stream ab der türkischen Grenze Richtung Europa weiterzubauen. Aber auch dafür bräuchte Griechenland letztlich die Zustimmung aus Brüssel. Die ursprünglich geplante Route South Stream durch Bulgarien war gescheitert, weil EU-Recht verbietet, dass der Gaslieferant gleichzeitig Betreiber der Pipeline ist. Dasselbe Problem dürfte in Griechenland wieder auftauchen.

Damit haben sich offenbar die griechisch-russischen Möglichkeiten einstweilen erschöpft. Moskau, das selbst mit einer Wirtschaftskrise zu kämpfen hat, die schon begann, bevor der Ölpreis fiel und die Sanktionen verhängt wurden, hat wenig Interesse daran, Geld in Griechenland zu verlieren, das schon zu Hause fehlt.

Russlands Zentralbank versicherte am Montag noch einmal, dass die Krise in Griechenland keine Bedrohung für den russischen Bankensektor darstelle. Es gebe lediglich "unbedeutende Forderungen gegen Bewohner dieses Landes", hieß es in einer Erklärung. Im April hatten russische Banken laut Zentralbankangaben lediglich 14 Millionen Dollar in Griechenland angelegt.

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