Russland-Affäre:Trumps Anwälte: Prediger, harter Hund, Rocker

Russland-Affäre: Marc Kasowitz, Don McGahn und Jay Sekulow (v.l.n.r.)

Marc Kasowitz, Don McGahn und Jay Sekulow (v.l.n.r.)

(Foto: AP(3))
  • Ein Präsident, der Gesetze für sich großzügig auslegt, braucht gute Anwälte.
  • Donald Trump stehen gleich drei Top-Juristen zur Seite - doch es gibt Zweifel daran, dass Jay Sekulow, Don McGahn und Marc Kasowitz für ihre jetzige Aufgabe geeignet sind.

Von Johanna Bruckner, New York

Als Jay Sekulow seinen ersten großen Auftritt als Anwalt hatte, war die Fachpresse nicht überzeugt. Das American Lawyer Magazine schrieb 1987: Sekulows Gebaren vor dem Supreme Court sei "unhöflich und aggressiv" gewesen, ja zeitweise habe der junge Anwalt gewirkt, als sei er "außer Kontrolle".

Damals vertrat Sekulow die evangelikale Gruppe "Jews for Jesus", die sich dagegen wehrte, dass der Flughafen von Los Angeles die Verbreitung religiöser Schriften untersagt hatte. Seitdem sind 30 Jahre vergangen. Sekulow hat sich einen Namen gemacht als Anwalt der christlichen Rechten, er ist Mitbegründer des American Center for Law & Justice, dem erzkonservativen Gegenentwurf zur Bürgerrechtsinitiative American Civil Liberties Union.

Außerdem moderiert der Anwalt mit dem akkuraten Seitenscheitel eine wöchentliche Radioshow, seine flammenden Reden dort erinnern an Kanzelpredigten. Beruflich poltert er heute mit Kalkül. Doch am vergangenen Sonntag ließ sich der Anwalt und Medienprofi aus der Ruhe bringen, als er im nationalen Fernsehen seinen derzeit wichtigsten Klienten verteidigte: Donald Trump.

Gegen den Präsidenten werde - entgegen anderslautender Berichte - nicht wegen Behinderung der Justiz ermittelt, wiederholte Sekulow ein ums andere Mal. Medienberichten zufolge prüft aber das Team um Sonderermittler Robert Mueller derzeit, ob Trumps Verhalten im Fall des vom Präsidenten gefeuerten FBI-Chefs James Comey den Tatbestand der Justizbehinderung erfüllt.

Als er in der Sendung "Fox News Sunday" damit konfrontiert wurde, dass der Präsident selbst getwittert hatte, im Zentrum einer FBI-Untersuchung zu stehen, verstrickte sich Sekulow in Widersprüche.

"Ich kann die Gedanken des Sonderermittlers nicht lesen!"

Eine Steilvorlage für Moderator Chris Wallace: Er könne also nicht mit Sicherheit sagen, dass nicht gegen Trump ermittelt werde? Sekulow platzte der Kragen: "Du hast recht, Chris. Ich kann die Gedanken des Sonderermittlers nicht lesen!"

Da war er wieder, der unbeherrschte Hitzkopf. Doch dieses Mal machten die Beobachter nicht Sekulow selbst für seine mangelnde Souveranität verantwortlich. "Wenn man darüber nachdenkt, welche Anwälte Trump für diese Krise engagieren sollte, würde einem Sekulows Name nicht einfallen - nicht, weil er lächerlich ist, sondern weil er nicht die Art Anwalt ist, die es dafür braucht", kommentierte beispielsweise MSNBC-Journalist Steve Benen.

Der Fehler lag demnach bei Trump, der sich für den falschen Anwalt entschieden hat. Und Jay Sekulow ist nicht der einzige Rechtsexperte, der sich vom Präsidenten zu einem Job hat überreden lassen, für den er keine Erfahrung mitbringt. Der New York Times zufolge befürchten Freunde und Berater von Trump, dass auch der Mann an der Spitze seines Anwaltsteams überfordert sein könnte.

Ein Mann für jene Fälle, die andere ablehnen würden

Marc Kasowitz ist seit Jahrzehnten Trumps Go-to-Guy, wenn er in rechtlichen Schwierigkeiten steckt: Ob es um Firmenpleiten, Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung oder um Betrugsvorwürfe ging - Kasowitz, mittlerweile 64 Jahre alt, stand dem Unternehmer stets zur Seite.

Kasowitz übernahm auch jene Fälle, die andere Anwälte vielleicht abgelehnt hätten, weil sie ihnen wahlweise zu banal oder zu aussichtslos erschienen wären. So verklagte er 2006 im Auftrag seines Mandanten den Autor des Buches "TrumpNation: The Art of Being the Donald", weil dieser darin angeblich Trumps Vermögen falsch beziffert hatte - mit 250 Millionen statt fünf Milliarden US-Dollar. Das zuständige Gericht wies den Fall ab.

Kasowitz ist loyal - eine Eigenschaft, die Trump als Geschäftsmann schätzte und auf die er als Präsident umso mehr setzt. Auch wenn sich Kasowitz seine Loyalität mit 1500 Dollar die Stunde vergüten lässt.)

Wer Trumps Personalpolitik kennt, dürfte nicht überrascht gewesen sein, dass er seinen langjährigen Anwalt Anfang Juni damit beauftragte, ihn im Fall der Fälle zu verteidigen: Wenn es aufgrund der Vorwürfe der Justizbehinderung tatsächlich zu einem Amtsenthebungsverfahren kommen sollte. Wäre Kasowitz dieser gewaltigen Aufgabe wirklich gewachsen?

Die Wall Street ist Kasowitz' Schlachtfeld

Verfahren, bei denen das Amt des Präsidenten auf dem Spiel steht, sind absolute Ausnahmefälle in der amerikanischen Geschichte. Darauf kann sich ein Anwalt kaum spezialisieren. Personelle Alternativen zu Kasowitz hätte es trotzdem gegeben.

Aber Trump setzte einmal mehr auf einen Mann, der als Sohn eines Schrotthändlers heute einer Kanzlei mit mehr als 250 Anwälten vorsteht. Kasowitz Benson Torres LLP mit Hauptsitz in Manhattan ist spezialisiert auf Wirtschafts-, Immobilien-, Insolvenz- und Wertpapierrecht - die Wall Street ist Kasowitz' gewohntes Schlachtfeld.

Er liebt den Schaukampf vor Gericht, und er genießt die mediale Aufmerksamkeit, die ihm in der Vergangenheit bei seinen prominenten Fällen zuteilwurde. Zuletzt beriet er den ehemaligen Fox-News-Anchor Bill O'Reilly im Skandal um sexuelle Belästigung mehrerer Frauen.

Die Webseite der Kanzlei führt stolz die Spitznamen auf, die die Fachpresse Kasowitz im Laufe der Jahre verliehen hat: "härtester Anwalt an der Wall Street", "Prozessrecht-Pionier" oder auch "der härteste der harten Typen". Solche Attribute gefallen nicht nur dem Anwalt, sie dürften auch seinen wichtigsten Auftraggeber in seiner Wahl bestätigen. Trump umgibt sich gerne mit Menschen, die ihm ähnlich sind.

Anwalt mit eigener Russland-Connection

Auch Kasowitz verbringt seine Freizeit am liebsten in Florida und begleitet seine Teenager-Tochter zu Reitturnieren. Und beiden, dem Immobilien-Milliardär wie dem Top-Juristen, blieb die Anerkennung des New Yorker Establishments verwehrt. "Er ist, in Ermangelung eines besseren Vergleichs, der Donald Trump unter den Anwälten", schrieb jüngst die New York Times in einem Porträt von Kasowitz. Bei der Washingtoner Elite dürfte er es aufgrund seiner mangelnden politischen Erfahrung ähnlich schwer haben.

Und dann ist da auch noch Kasowitz' ganz eigene Russland-Connection: Seine Kanzlei vertritt die größte russische Staatsbank Sberbank in einem Verfahren um die feindliche Übernahme eines Granit-Unternehmens. Die Bank soll mit einem Konkurrenten des Granit-Herstellers konspiriert haben - in die Intrige soll außerdem ein Kreml-Minister verwickelt gewesen sein.

Mit einem solchen Fall in Verbindung gebracht zu werden, garantiert bei der derzeitigen politischen Gemengelage Aufmerksamkeit. Aber Kasowitz hat kein Problem damit, hervorzustechen. (Mitarbeiter seiner Kanzlei beschreiben ihren Chef als "wohlwollenden Diktator".) In Washington ist Kasowitz außerdem nicht der einzige erfolgsverwöhnte Jurist, der plötzlich damit umgehen muss, dass an seinen Fähigkeiten gezweifelt wird.

Großzügiger Wächter im Weißen Haus

Während der Präsident Kasowitz und Sekulow privat engagiert hat, ist Don McGahn als White House Counsel sein offizieller Berater in allen rechtlichen Fragen. Es ist ein Folgeauftrag, zuvor beriet er die Trump-Kampagne juristisch. Seinen neuen Job begann McGahn mit einem großen Flop: Er winkte die umstrittenen Travel Bans durch, die später von Gerichten wieder kassiert wurden.

Der 49-Jährige trägt die Verantwortung, dass sich der Präsident und sämtliche Mitarbeiter des Weißen Hauses den ethischen Richtlinien gemäß verhalten. McGahn legt diese Wächterfunktion durchaus großzügig aus. Als ihn die damals amtierende Justizministerin Sally Yates eine Woche nach Trumps Vereidigung darüber informierte, dass der Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn Vizepräsident Mike Pence über seine Kontakte zum russischen Botschafter belogen hatte, soll der Rechtsberater des Präsidenten gefragt haben: "Warum kümmert es das Justizministerium, wenn ein Mitarbeiter des Weißen Hauses einen anderen Mitarbeiter belügt?"

McGahn schätzt nichts mehr als seine persönliche Freiheit - privat wie politisch. Die Haare trägt er ein bisschen länger, und vor seinem Engagement bei Trump trat er regelmäßig als Gitarrist der Rockgruppe Scott's New Band auf. Außerdem ist McGahn ein bekennender Libertärer.

Überspitzt formuliert bedeutet das: Trump hat ausgerechnet einen Mann damit beauftragt, zu überwachen, dass sich die Regierung an die geltenden Gesetze hält, der Staat und Justiz am liebsten abschaffen würde. Das erinnert ein bisschen an die Figur des Ron Swanson in der Serie Parks and Recreation.

Die Auszeichnung für die seltsamste Besetzung geht in diesen Tagen aber nicht an den Präsidenten, sondern an seinen Stellvertreter. Auch Vizepräsident Mike Pence hat sich in der Russland-Affäre sicherheitshalber rechtlichen Beistand gesucht - sein Anwalt Richard Cullen ist ausgerechnet der Patenonkel einer der Töchter von Ex-FBI-Chef Comey.

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