Russische Syrien-Initiative:Obama offen für Vorschlag zur Chemiewaffen-Kontrolle

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Neue Chance für die Diplomatie im Konflikt mit Damaskus: US-Präsident Obama begrüßt den Vorstoß Russlands, die syrischen Chemiewaffen unter internationale Aufsicht zu stellen, als "möglicherweise positive Entwicklung". Auch andere Staaten reagieren - verhalten - positiv. Anders sieht den Vorstoß die syrische Opposition.

US-Präsident Barack Obama hat sich in einer Reihe von Fernsehinterviews offen für den Vorschlag Russlands gezeigt, die syrischen Chemiewaffen unter internationale Aufsicht zu stellen. Sollte der Vorstoß scheitern, seien die USA aber weiter zu einem Militärschlag gegen die syrische Führung um Machthaber Baschar al-Assad bereit.

Der Vorschlag sei eine "möglicherweise positive Entwicklung", sagte Obama dem Nachrichtensender CNN. "Wir werden das ernst nehmen." Im TV-Sender NBC sprach der Präsident von der Möglichkeit eines "bedeutenden Durchbruchs". Er mahnte aber zur Vorsicht und warnte die syrische Führung vor einer Hinhaltetaktik. "Wir müssen skeptisch sein, denn das ist nicht die Art, wie wir sie (die syrische Regierung) in den vergangenen Jahren haben agieren sehen", sagte der Präsident.

Er rückte von einem baldigen US-Angriff auf Syrien ab. "Wir werden diesen diplomatischen Weg verfolgen", sagte er dem Sender Fox. Vom Tisch sei ein Militärschlag aber nicht, Washington dürfe jetzt nicht "den Fuß vom Gas nehmen". Obama sieht die jüngste Entwicklung auch als Erfolg seiner Politik. "Es ist unwahrscheinlich, dass wir ohne eine glaubhafte militärische Drohung an diesen Punkt gelangt wären", sagte er zu CNN.

In der innenpolitischen Auseinandersetzung um einen möglichen Militäreinsatz in Syrien verschafft die Eröffnung des neuen diplomatischen Weges Obama jedenfalls mehr Zeit. Der Mehrheitsführer von Obamas Demokraten im Senat, Harry Reid, verschob eine für Mittwoch geplante erste Abstimmung zum Syrien-Einsatz auf unbestimmte Zeit. Er wolle dem Präsidenten mehr Zeit geben, das Volk über die Vorgänge zu informieren, sagte Reid.

"Nur die Tatwaffe übergeben, reicht nicht"

Die US-Regierung will Assad für den mutmaßlichen Einsatz von Giftgas im syrischen Bürgerkrieg bestrafen. US-Außenminister John Kerry hatte am Montag in London aber überraschend gesagt, Assad könne einem Militärschlag noch entgehen, wenn er binnen einer Woche alle Chemiewaffen an die Staatengemeinschaft übergebe.

Kerrys Sprecherin relativierte die Äußerung später, doch die traditionell mit Assad verbündete Regierung in Moskau nutzte den Moment für einen diplomatischen Vorstoß. Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte Damaskus zu einer "schnellen und positiven" Antwort auf, um die drohende Militärintervention der USA zu verhindern. Syriens Außenminister Walid al-Muallim begrüßte den Vorschlag, die Einzelheiten sind aber noch ungeklärt.

Die syrische Opposition reagierte hingegen ablehnend auf die neue diplomatische Initiative. Die Nationale Syrische Allianz erklärte in der Nacht, dieser Vorschlag biete Assad nur eine neue Möglichkeit, um Zeit zu schinden und noch mehr Menschen zu töten. Kriegsverbrechen müssten bestraft werden. "Es reicht nicht aus, wenn der Verbrecher einfach nur die Tatwaffe übergibt", führte das Oppositionsbündnis weiter aus. Sollte das Regime nicht für den Einsatz von Giftgas bestraft werden, sei auch an Verhandlungen über eine politische Lösung des blutigen Konfliktes nicht zu denken.

Internationale Reaktionen positiv

Die ersten internationalen Reaktionen waren hingegen, wenn auch zum Teil vorsichtig, positiv. China, das zusammen mit Russland bislang eine gemeinsame Syrien-Resolution der UN verhindert hat, stellte sich sich hinter den Kompromissvorschlag aus Moskau. Die Regierung in Peking unterstütze den russischen Vorstoß, dass die syrische Führung ihre Chemiewaffen unter internationale Kontrolle stellen solle, um die Waffen zu vernichten, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Er kündigte zudem Gespräche mit der syrischen Opposition an. Eine Delegation der Rebellen solle dazu noch im Tagesverlauf in China eintreffen.

Auch Syriens Verbündeter Iran reagierte positiv. "Wir begrüßen jeden Vorschlag, der gegen Krieg und für Frieden ist", sagte Außenamtssprecherin Marsieh Afcham. Als Opfer chemischer Waffen sei Iran immer für die Zerstörung von Massenvernichtungswaffen weltweit gewesen. Daher sehe Teheran auch in dem Vorschlag aus Moskau einen Schritt in die richtige Richtung.

Aber auch von der anderen Seite kommt Unterstützung: Frankreich, das den USA bislang als einziges Land seine Beteiligung bei einem Militärschlag zugesagt hatte, will dem Kreml-Vorstoß zur Verhinderung eines Militärschlags gegen Syrien offenbar eine Chance geben. Der Vorschlag verdiene eine genaue Prüfung, sagte Außenminister Laurent Fabius am Montagabend. Damit er angenommen werden könne, müssten allerdings mindestens drei Voraussetzungen erfüllt seien.

Als wichtigste Punkte nannte Fabius die Zerstörung des kompletten syrischen Chemiewaffen-Arsenals unter internationaler Kontrolle, eine verbindliche UN-Resolution dazu sowie eine Bestrafung der Verantwortlichen für das "chemische Massaker" am 21. August. Die UN-Resolution muss demnach einen straffen Zeitplan und harte Konsequenzen für den Fall der Nichtbeachtung vorsehen. Um die Aufklärung des Massakers solle sich der Internationale Strafgerichtshof kümmern, hieß es.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/schä - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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