Rücktritt von Chuck Hagel:Obama lässt Pentagon-Chef fallen

Barack Obama, Chuck Hagel

Obama verkündet den Rücktritt von Chuck Hagel

(Foto: AP)
  • Hagel sollte den Kampfeinsatz der US-Soldaten in Afghanistan beenden und das Militär auf eine Zeit schrumpfender Budgets und bescheidener Ziele einstellen.
  • Mit dem Aufstieg des IS musste US-Präsident Obama die Strategie jedoch ändern. Außerdem könnte es auch zum Bruch zwischen Hagel und seinem Generalstabschef Martin Dempsey gekommen sein.

Von Nicolas Richter, Washington

Zwei Jahre vor dem Ende seiner Amtszeit strebt US-Präsident Barack Obama nach einem Neuanfang in der Sicherheitspolitik. Am Montag kündigte er den Rücktritt seines Verteidigungsministers Chuck Hagel an, nannte bei einem gemeinsamen Auftritt mit Hagel im Weißen Haus aber keinen Grund.

Medienberichten zufolge soll der Präsident seinen Minister zum Rückzug gedrängt haben, die Ursache aber blieb zunächst Gegenstand von Spekulationen. Hagel bleibt im Amt, bis ein Nachfolger gefunden ist, aber es ist noch unklar, wer ihm an der Spitze des Pentagon folgen wird, und inwieweit mit der Neubesetzung auch ein Strategiewechsel verbunden ist, etwa im Kampf gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS).

Nach einer Lesart war Hagel, 68, der richtige Mann zur falschen Zeit. Obama hatte den republikanischen Politiker auch deshalb an die Spitze des Pentagon berufen, weil beide Männer militärische Gewalt sehr skeptisch sehen. Hagel, ein Vietnam-Veteran, hat etwa die Irak-Invasion 2003 scharf kritisiert. Als Verteidigungsminister sollte Hagel den Kampfeinsatz der US-Soldaten in Afghanistan beenden und das Militär auf eine Zeit schrumpfender Budgets und bescheidener Ziele einstellen.

Erfolg des IS wird vor allem Obama angelastet

Nicht berücksichtigt war in diesen Plänen der Aufstieg des IS. Nachdem die Aufständischen in diesem Jahr bereits große Teile des Irak erobert hatten, sah sich Obama gezwungen, Luftangriffe anzuordnen und US-Soldaten in den Irak zurückzuschicken, wenn auch vorerst nur als Berater und Ausbilder.

In Washington ist der Erfolg des IS im Irak Obama angelastet worden, weil der Präsident die letzten US-Soldaten 2011 abgezogen hat und die Sicherheit des Landes der irakischen Armee überließ, die dieser Aufgabe nicht gewachsen war. Hagel, der erst 2013 Minister wurde, war für diese Fehler nicht verantwortlich.

Allerdings hat sich seine Aufgabe grundlegend geändert, und womöglich dachte Obama, der rhetorisch schwache Hagel sei nicht der Beste, um den Wandel zu moderieren. Der Pentagon-Chef soll jetzt nicht mehr nur Rückzug und Abbau verwalten, sondern eine komplexe Militäroperation leiten mit Dutzenden Verbündeten und gegen einen Feind, der schwer zu fassen ist. "Wir müssen einen neuen Schwerpunkt setzen", sagte ein Mitarbeiter der Regierung der New York Times.

Möglicherweise gab es Bruch zwischen Hagel und Generalstabschef Dempsey

Auch in Afghanistan hat das Weiße Haus seine Pläne ändern müssen: US-Soldaten sollen auch 2015 noch in Kampfeinsätze eingebunden sein. Eine zweite Interpretation des Hagel-Rücktritts lautet, dass es im Kampf gegen den IS zum Bruch zwischen dem Weißen Haus und dem Militär gekommen ist.

Hagel und Generalstabschef Martin Dempsey haben Obama mehrmals öffentlich widersprochen. Mal erklärte Hagel den IS zu einer größeren Gefahr, als es dem Weißen Haus lieb war, mal forderte er einen Strategiewechsel im Syrien-Konflikt, mal redete Dempsey über US-Kampfeinheiten im Irak, obwohl Obama dies ablehnt. Es könnte also sein, dass der Präsident für neue Disziplin im Pentagon sorgen wollte. Bereits Hagels Vorgänger im Amt haben darüber geklagt, dass das Weiße Haus unter Obama zu "Mikro-Management" neige, am liebsten also alles allein entscheide.

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