Rot-Rot-Grün:So wird das nichts

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SPD und Grüne einerseits sowie die Linke andererseits beharren auf ihren jeweiligen Standpunkten. Wer soll sich ändern und auf einen zukommen? Der jeweils andere natürlich. Auf diese Weise aber erweitert niemand seine Optionen.

Von Constanze von Bullion

Gut drei Wochen ist es her, dass der SPD-Vorsitzende einen Stein ins Wasser geworfen hat. Sigmar Gabriel rief Sozialdemokraten, Grüne und Linke dazu auf, ideologische Hürden zu überwinden und sich aufeinander zuzubewegen, im Kampf gegen rechts. Viele verstanden das als ersten Aufschlag zum Bundestagswahlkampf. Die SPD muss sich da mehr Optionen eröffnen als nur eine aufgewärmte große Koalition, wenn sie noch ernst genommen werden will. Und auch wenn Gabriel zwei Tage später schon wieder behauptete, er habe mit seinem Aufruf gar kein rot-rot-grünes Bündnis für 2017 gemeint: Der Stein ist im Wasser. Jetzt breiten sich Wellen aus. Inzwischen haben sie am Ufer Linke und Grüne erreicht, die jetzt wie wild anfangen zu winken.

"Kommt zu uns. Ihr müsst euch nur ein bisschen bewegen!" - "Nein, ihr kommt!" - "Nein, ihr!" So ging das am Wochenende hin und her. Die drei Parteien führen sich auf wie die Königskinder, die zusammenkommen wollen, es aber irgendwie nicht schaffen. Rot-Rot-Grün sei eine Option, klar, hieß es in der SPD. Dafür müsse aber die Linkspartei ihren außen- und sicherheitspolitischen Kurs korrigieren. Der Grünen-Fraktionschef, kein Freund übertriebener Originalität, zog nach: Die Linke müsse lernen, dass es klug sei, Kompromisse zu machen. Und Sahra Wagenknecht gab zum Besten, wenn der "soziale Zerfall gestoppt" werde, ja dann könne Rot-Rot-Grün ein tolles Projekt sein.

Jeder beharrt auf seiner Sicht und zeigt dabei auf den anderen

Um es kurz zu machen: So wird das nichts. Immer nur auf andere zu zeigen mit der Aufforderung, irgendwelche Überzeugungen aufzugeben - das funktioniert nicht bei der Anbahnung einer Partnerschaft und auch nicht in der Politik. Wer die Linke ernsthaft einbinden will in ein Bündnis - und sei es nur, weil Grüne und SPD sich so teurer machen würden in Verhandlungen mit der Union -, muss sich der Wirklichkeit nähern. Die Linke hat zwei Beine, auf denen sie steht. Das eine ist der Kampf um Gerechtigkeit, das andere das Thema Frieden. Verliert sie das Friedensbein, fällt sie um. Das wird sie nicht riskieren. Nato-Kritik, Rüstungsschelte und schwer erträgliches Putin-Gekuschel werden also weiter zum Gesamtkunstwerk Linkspartei gehören, schon weil die Partei überleben will. Wer das nicht aushält, kann Rot-Rot-Grün gleich vergessen.

Wollen die Parteien es trotzdem miteinander versuchen, schon um sich Optionen im Wahlkampf zu verschaffen, müssen sie sich bewegen, alle drei. Bei der Linken weist Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow einen Weg. Er riet den Genossen, am Thema Nato keine Koalition scheitern zu lassen - und Konflikte ohne Chance auf Einigung "auch mal beiseitezulegen". Ideologisch abrüsten, ist da die Botschaft. Sie zielt auch auf das Krawallgespann aus dem Saarland, Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine, die ihre Partei von einer heillosen Debatte in die nächste jagen, ob in der Europa- oder Flüchtlingspolitik. Wenn linke Realos hier nicht die Kraftprobe wagen, bleibt die Partei, was sie ist: bundespolitisch verzichtbar.

Manöverkritik aber tut auch bei den Grünen Not, die rechts blinken, hin zur Union, gleichzeitig aber rot-rot-grüne Signale senden wollen. Ja, eine zweite Regierungsoption wäre ein Faustpfand im grünen Machtpoker 2017, gewiss. Aber umsonst ist das nicht zu haben. Es reicht auch nicht, Linke wie Grundschüler zu behandeln, so nach dem Motto: Außenpolitisch seid ihr halt noch nicht so weit wie wir. Das gilt - im Sozialen - auch für die SPD, von der man jetzt mal gern hören würde, ob sie die Agenda 2010 einzustampfen gedenkt oder Hartz IV, der Linken zuliebe.

Ach so, das will die SPD gar nicht? Auch sonst keine Abweichung vom Kurs? Dann kann sie sich rot-rot-grünes Winken auch sparen. Glaubwürdigkeit sieht anders aus.

© SZ vom 12.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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