Romneys Wahlkampftour im Ausland:Patzer mit Methode

Die Frisur sitzt immer, aber die Statements ... Mitt Romney wirkt wenig staatsmännisch auf seiner Reise nach Großbritannien, Israel und Polen. Seine vielen diplomatischen Peinlichkeiten erhärten den Verdacht, hier habe einer seine Beliebtheit im Ausland geopfert, um daheim zu punkten. Ein Ausraster seines Beraters passt da gut ins Bild.

Matthias Kohlmaier

Vielen Anhängern der Republikaner war der Kandidat für die Präsidentschaftswahlen lange zu liberal. Besonders die erzkonservative Tea Party konnte sich kaum oder gar nicht für Mitt Romney begeistern. Nun ist der Mormone eine Woche zu Wahlkampfzwecken durch Großbritannien, Israel und Polen gereist. Die Pressestimmen sind verheerend. Und doch könnte sich Romney mit der Tournee einen Gefallen getan haben. Viele Vorbehalte seiner potenziellen Wähler dürften danach wenn nicht ausgeräumt, so doch zumindest ein wenig abgeschwächt sein.

Der Präsidentschaftsanwärter zweifelte zu Beginn in London an, dass eine andere Nation ähnlich prachtvolle Olympische Spiele ausrichten könne wie die USA 2002. Die Winterspiele in Salt Lake City hatte Romney selbst organisiert. Zu den Sicherheitsvorkehrungen in London sagte Romney kurz nach seiner Ankunft: "Es ist schwer zu sagen, ob es gut ausgeht." Damit stieß er zwar die Briten vor den Kopf, aber die sollen ihn ja auch nicht wählen.

In Israel gab er den anpackenden Commander-in-Chief, der auch vor militärischen Interventionen oder wenigstens deren Tolerierung nicht zurückschrecken wolle. Im Gespräch mit der Tageszeitung Haaretz sagte Romney zu den Möglichkeiten eines Militärschlags gegen Iran: "Wenn wir erkennen, dass alle Mittel erschöpft und fehlgeschlagen sind, dann werden wir eine militärische Option in Betracht ziehen müssen."

Russland bezeichnete er vor seinem letzten Stopp in Polen als Amerikas "geopolitischen Feind Nummer eins". Eine Haltung, die nicht nur in Polen, wo der Nachbar im Osten teilweise noch immer als latente Bedrohung empfunden wird, gut ankommt. Auch in den USA gibt es noch immer viele Menschen, die Kritik an Moskau gerne sehen. Dass Romney bei alledem gleich mehrere Wissenslücken und mangelhafte Fähigkeit zur Diplomatie offenbarte - geschenkt.

Innenpolitische Themen sind wahlentscheidend

Mitt Romney hat sich mit seinen Auftritten im Ausland nicht nur Freunde gemacht. Doch war das sein Ziel? Der designierte Kandidat der Grand Old Party steckt zu Hause mitten in einem Wahlkampf, bei dem das Gros der Beteiligten davon ausgeht, dass er über die innenpolitischen Themen entschieden wird.

Zudem hat Obama auf außenpolitischem Terrain einen Vorsprung, den Romney kaum durch eine einwöchige Tour aufholen konnte. Also nutzte er offenbar die sich bietende Gelegenheit, um gleich mehrere heimische Wählergruppen zu umgarnen.

Jerusalem beispielsweise bezeichnete Romney als "die Hauptstadt Israels". Das schürt zwar die Wut der Palästinenser - sie beanspruchen den Ostteil der Metropole als Hauptstadt eines Palästinenserstaates. Außerdem wird die Annexion des Ostteils von Jerusalem durch Israel von der internationalen Gemeinschaft - übrigens einschließlich den USA - nicht anerkannt.

Gepaart mit der Zusage von US-Unterstützung für Israel bei einer atomaren Bewaffnung Irans dürfte das Romneys Popularität bei den heimischen Wählern jüdischen Glaubens einen ordentlichen Schub gegeben haben. Besonders im bei der kommenden Präsidentschaftswahl umkämpften Bundesstaat Florida leben verhältnismäßig viele Menschen jüdischen Glaubens.

Romney brüskiert Obama bei Besuch in Polen

Wenn Romney dann der polnischen Regierung am letzten Tag seines Europa-Aufenthalts seinen Dank "für den Mut, den Kampf um Freiheit im Irak und in Afghanistan zu unterstützen" ausspricht, dürfte das Ziel das Gleiche sein. Es gibt eine Menge US-Bürger mit polnischen Wurzeln, viele von ihnen sind im ebenfalls umkämpften Staat Michigan zu Hause.

U.S. Republican Presidential candidate Romney delivers foreign policy remarks at the University of Warsaw

Nutzte seine Auslandsreise für den Wahlkampf zu Hause: Mitt Romney.

(Foto: REUTERS)

Der Besuch in Polen hatte aber noch ein weiteres Ziel: Präsident Obama zu brüskieren. Romney traf in Danzig auf den ehemaligen Präsidenten und Nobelpreisträger Lech Walesa. Eben dieser hatte ein Treffen mit Obama 2011 abgelehnt. Walesa wünschte Romney nach dessen Visite viel Erfolg für die anstehende Wahl und bezeichnete einen Wahlsieg Romneys als notwendig, um die Bedeutung der USA wiederherzustellen.

Das werden die republikanischen Wähler gern hören. Besonders nachdem in den USA die Angst vor einem internationalen Bedeutungsverlust gerade seit dem wirtschaftlichen Aufstieg Chinas durchaus ein Thema ist, das auch den Wahlkampf beeinflussen könnte.

Was die heimischen Wähler betrifft, scheint Romneys Wahlkampftour durch Europa seinem Ansehen bislang nicht geschadet zu haben. Laut realclearpolitics.com liegt er zwar noch immer knapp hinter Obama, das Institut Gallup sieht die beiden Kontrahenten aber bereits gleichauf bei 46 Prozent Zustimmung. Freilich sind das nur Prognosen. Es sind allerdings Prognosen, in denen Romney in den vergangenen Wochen konstant aufgeholt hat.

Selbst die Ausfälle gegen Journalisten, die sich Romneys Pressesprecher Rick Gorka in Warschau leistete, passen da gewissermaßen ins Bild. Wie mehrere US-Medien berichten, war Romney auf dem Weg zu seinem Wagen von mehreren Reportern belagert worden, denen Gorka daraufhin derbe Schimpfwörter an den Kopf warf.

Dabei handelte es sich der Huffington Post zufolge um Journalisten von New York Times, CNN und Washington Post - "liberal media", wie manch ein Tea-Party-Anhänger sagen und die Nase rümpfen würde.

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