Rolle des BND im Irak-Krieg:Steinmeier nennt Vorwürfe "aberwitzig"

Bundesaußenminister Steinmeier wehrt sich gegen "vergiftetes Lob" aus Amerika: Die US-Generäle wollten mit Lob für den Geheimdienst nur alte Rechnungen mit Deutschland begleichen.

Peter Blechschmidt

Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat alle Vorwürfe der Doppelzüngigkeit in der deutschen Irak-Politik als "aberwitzig" zurückgewiesen. Der Einsatz von zwei BND-Agenten in Bagdad im Frühjahr 2003 habe nicht im Widerspruch zur erklärten Nichtbeteiligung Deutschlands am Irak-Krieg gestanden, sagte der SPD-Kanzlerkandidat am Donnerstag bei seiner Vernehmung vor dem BND-Untersuchungsausschuss in Berlin.

Rolle des BND im Irak-Krieg: Außenminister Frank-Walter Steinmeier vor dem BND-Untersuchungsausschuss

Außenminister Frank-Walter Steinmeier vor dem BND-Untersuchungsausschuss

(Foto: Foto: ddp)

Jüngste Aussagen ehemaliger US-Militärs über die große Bedeutung der BND-Informationen für die US-Kriegsführung wies Steinmeier als sachlich nicht gerechtfertigt zurück. Der Außenminister sagte am Donnerstag zum sechsten Mal als Zeuge vor dem Bundestagsausschuss aus.

Die Oppositionsparteien FDP, Linke und Grüne, aber auch der SPD-Koalitionspartner CDU/CSU stellen die Glaubwürdigkeit der damaligen rot-grünen Bundesregierung in Frage, in der Steinmeier als Kanzleramtsminister zuständig für die Geheimdienste war.

Steinmeier erklärte vor dem Ausschuss, das Nein der damaligen Regierung Schröder/Fischer zu einer aktiven Beteiligung an Kampfhandlungen im Irak sei eine der schwierigsten, aber auch wichtigsten Entscheidungen des Jahrzehnts gewesen. Sie habe jedoch nicht den Abbruch der Beziehungen zu den USA und auch nicht das Ende der geheimdienstlichen Kooperation bedeutet. Deutschland habe seine Bündnisverpflichtungen gegenüber den USA einhalten müssen und den USA Überflugrechte gewährt sowie deutsche Soldaten zur Bewachung von US-Kasernen abgestellt.

Es sei klar gewesen, dass die BND-Informationen auch in die Lagebilder der USA einfließen würden, sagte Steinmeier. Niemand sei so "naiv" gewesen zu glauben, dass der US-Geheimdienst die Meldungen der BND-Agenten "in sein Poesiealbum kleben würde".

Es habe jedoch die klare Weisung des Kanzleramts gegeben, mit den Meldungen "keine operativen Kampfhandlungen zu unterstützen". Auf die Einhaltung dieser Weisung zu achten, sei Aufgabe des damaligen BND-Präsidenten August Hanning gewesen. Er habe keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Weisung von BND-Mitarbeitern je unterlaufen worden sei.

In der häufig in gereizter Atmosphäre verlaufenen Befragung ging es immer wieder darum, wie Beteiligung am Krieg zu definieren sei. Steinmeier bestand darauf, er sei kein Militärexperte und auch kein BND-Sachbearbeiter. Er bestritt, dass die Meldungen der Agenten die US-Kriegsführung maßgeblich beeinflusst hätten. Wer dieser These immer noch anhänge, "kann nicht bei Sinnen sein". Jüngste Äußerungen des damaligen US-Oberbefehlshabers Tommy Franks und des Ex-Generals James Marks, wonach die Informationen der BND-Leute "extrem wichtig" und "unbezahlbar" waren, wies er zurück.

Bis heute seien Nachwirkungen der tiefsitzenden Verärgerung der US-Regierung über die damalige deutsche Haltung zu spüren. Er habe den Eindruck, dass mit den Aussagen der Generäle "alte Rechnungen beglichen und Verantwortung verschoben werden soll". Deutschland solle offenbar "für die Fehler des Krieges nachträglich in Mithaftung genommen werden".

Vor Steinmeier hatte sein Vorgänger Joschka Fischer (Grüne) sich hinter die Entsendung des BND nach Bagdad gestellt. Im Vergleich zu anderen Unterstützungsmaßnahmen der damaligen Regierung für die USA sei der BND-Einsatz eine "Nebensächlichkeit" gewesen. Mit den Vorgaben an den BND sei er nie befasst gewesen. Die Äußerungen der US-Generäle bezeichnete Fischer als "tote politische Flugenten".

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