Rohstoffhandel:Öl - nur noch gegen Euro

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Iran will den Rohstoff auf Eurobasis verkaufen. Das würde den Dollar schwächen.

Rudolph Chimelli

Sollte sich das Projekt als erfolgreich erweisen, könnte es für die Beziehungen Irans zu den USA mindestens so brisant werden wie der Streit über die iranische Atomindustrie: Teheran will eine Erdölbörse eröffnen, auf der Petroleum, Gas und Derivate nicht mehr gegen Dollar, sondern in Euro gehandelt werden.

Als Termin wird in informierten Kreisen die Zeit unmittelbar nach dem iranischen Neujahr, also Anfang April genannt. Sitz soll die Freihandelszone auf der Insel Kisch im Persischen Golf sein.

In einer Vereinbarung, die 1974 ur-sprünglich zwischen den USA und Saudi-Arabien geschlossen und später auf alle OPEC-Länder ausgedehnt wurde, verpflichteten sich diese, ihr Öl allein auf Dollarbasis zu verkaufen.

Derzeit geben die Erdöl-importierenden Länder der Erde für diesen Zweck täglich 5,5 Milliarden Dollar aus. Sie müssen diese Mittel entweder erwirtschaften oder leihen und bemühen sich, dafür entsprechende Dollar-Vorräte in ihren Devisenreserven zu halten.

Fast anderthalb Trillionen Dollar

Weltweit werden diese Dollar-Reserven auf 1,45 Trillionen geschätzt. Für die USA bedeutet die Koppelung des Ölpreises an den Dollar eine Stütze ihrer Währung und ihrer Zahlungsbilanz. Sie können - im Gegensatz zu anderen - die Dollar drucken, mit denen sie ihre Energieimporte bezahlen.

Russlands Präsident Wladimir Putin, dessen Verhältnis zu Amerika von Rivalität gekennzeichnet ist, soll nach arabischen und iranischen Berichten freundliches Interesse an den Plänen Teherans geäußert haben.

Auch China und Indien, die sich für ihren wachsenden Energiebedarf immer mehr auf Iran konzentrieren, zeigen sich nicht abgeneigt, wollen aber abwarten. Von Venezuela, einem wichtigen Erzeugerland, und speziell von dessen anti-amerikanisch gesinntem Präsidenten Hugo Chavez erwarten die Iraner aktive Unterstützung.

Die 25 Staaten der EU importieren zwar mehr Erdöl als die USA, werden sich aber kaum auf die Seite der Iraner gegen Amerika stellen. Genauso denkt Saudi-Arabien, der wichtigste Erdölexporteur der Erde: kein Schritt gegen Amerika.

Schon der frühere irakische Diktator Saddam Hussein hatte versucht, sich für die Petroleum-Ausfuhren seines Landes in dem Programm "Öl gegen Lebensmittel" vom Dollar zu lösen. Diese Abkehr wurde nie als Kriegsgrund erwähnt, dürfte aber bei der Entscheidung Washingtons für den Angriff eine wichtige Rolle gespielt haben. Unmittelbar nach Saddams Niederlage kehrte die amerikanische Verwaltung für den Irak zum Dollarpreis für das Öl zurück.

Von einer "Iranian Oil Bourse" (IOB), die neben die Londoner Internationale Petroleum Exchange (IPE) und die New York Mercantile Exchange (NYMEX) treten soll, war erstmals im iranischen Entwicklungsplan für die Jahre 2000 bis 2005 die Rede. Das Vorhaben, für das auch ein ehemaliger IPE-Direktor, Chris Cook, als Berater diente, kam nur langsam voran.

Ob die Verwirklichung gerade jetzt von Teheran im Zusammenhang mit möglichen Sanktionen beschleunigt wird, darüber kann nur spekuliert werden. Fachleuten beurteilen die Aussichten skeptisch, nicht zuletzt, weil auf den internationalen Geldmärkten angesichts der strikten Währungspolitik der Europäischen Zentralbank bald Euro-Knappheit herrschen würde.

© SZ vom 16.03.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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