Rohstoffhandel:24 000 000 000 000 Dollar in der Erde

Die Spuren führen nach Israel und Südafrika: Wie zwei Größen aus der Schattenwelt des Rohstoffhandels im Herzen Afrikas um Einfluss, Macht und Minen kämpfen - und dabei wohl sehr viel Geld verdienen.

Von Isabel Pfaff und Tobias Zick

Was für ein unvorstellbarer Reichtum: 24 Billionen Dollar sollen die Rohstoffe wert sein, die in der roten Erde der Demokratischen Republik Kongo ruhen - Öl, Diamanten, Kobalt, Kupfer, Coltan und Gold.

Und dennoch ist das afrikanische Land, das ehemalige Zaire, eines der ärmsten Länder der Welt: kaputtregiert vom Diktator Mobutu, zerrüttet von einem Krieg. An diesem Krieg beteiligten sich zwischen 1998 und 2003 zeitweise neun afrikanische Staaten, er ging als "Afrikas Weltkrieg" in die Geschichte ein. Bis heute ist nicht überall Frieden eingekehrt; im Osten des Landes marodieren weiter Rebellengruppen durch die Wälder und finanzieren sich über Gold und andere Bodenschätze.

Die Demokratische Republik Kongo, einst eine belgische Kolonie, ist etwa siebenmal so groß wie die benachbarte Republik Kongo, die von den Franzosen kolonialisiert wurde; sie hat 80 Millionen Einwohner, fast zwanzigmal so viel wie das Nachbarland. Ihre Bodenschätze könnten ein Segen für die beiden Länder sein - wenn die Regierungen denn klug damit umgingen.

Allerdings hat es solch eine kluge Regierung in der Demokratischen Republik Kongo auch nach Mobutus Sturz nie gegeben. Stattdessen finden Journalisten und Nichtregierungsorganisationen immer wieder Hinweise darauf, dass die Staatsspitze Rohstofflizenzen deutlich unter Wert verscherbelt und dafür Schmiergeld kassiert. Meist spielen dabei Briefkastenfirmen eine wichtige Rolle: registriert in Steuerparadiesen, geleitet von Scheindirektoren, hinter denen der tatsächliche Eigentümer verschwinden kann. Diese Firmen kaufen die Rohstoffkonzessionen zu Spottpreisen, bezahlen das Bestechungsgeld - und verkaufen die Ware mit hohem Gewinn an Bergbauunternehmen weiter. Spuren eines solchen Deals tauchen auch in den Panama Papers auf, gefunden haben sie Reporter der französische Zeitung Le Monde sowie des Mail & Guardian aus Südafrika. Es geht um Öl, zwei Firmen auf den Britischen Jungferninseln - und um zwei Größen in der Schattenwelt des Rohstoffgeschäfts: Dan Gertler, 42, israelischer Diamantenhändler, und Khulubuse Zuma, Ex-Goldminenbetreiber und Neffe des südafrikanischen Staatschefs Jacob Zuma.

Der Präsidenten-Neffe ist in Südafrika bekannt als einer, der lieber klotzt als kleckert. Der dicke junge Mann sammelt Luxus-Sportwagen und ist mit einer Prinzessin aus dem Nachbarstaat Swaziland verheiratet. Vor dem Amtsantritt seines Onkels im Jahr 2009 war er ein einfacher Taxi-Betreiber; kurz danach übernahm er zusammen mit einem Enkel von Nelson Mandela zwei Goldminen nahe Johannesburg. Die beiden richteten die Minen in kurzer Zeit zugrunde - absichtlich, um sich zu bereichern, wie ein Gericht feststellte.

Mossack Fonseca musste drohen, um den Namen des Eigentümers zu erfahren

Dan Gertler, der Rohstofftycoon aus Israel, stammt aus einer berühmten Familie von Diamantenhändlern. Er hat das Familienbusiness erweitert und mischt über verschachtelte Firmennetze mit im kongolesischen Kupfer-, Kobalt- und Ölgeschäft. Gertler steckt augenscheinlich hinter unzähligen Offshore-Firmen und widmet sich laut mehreren Berichten dem Handel mit Rohstoff-Konzessionen.

Der Name dieses Unternehmers, das zeigen die Panama Papers, ließ sogar die Kanzlei Mossack Fonseca (Mossfon) aufschrecken. 2010 hatte das Mossfon-Büro auf den Britischen Jungferninseln zwei Firmen registrieren lassen, ohne die üblichen Informationen zu den Eigentümern einzuholen. E-Mails zeigen, dass Mitarbeiter der Kanzlei offenbar erst aus den Medien erfuhren, dass diese Firmen in ein umstrittenes Ölgeschäft im Kongo verwickelt waren. Die Regierung von Joseph Kabila hatte ihnen den Zuschlag für die Ölförderung im Albertsee gegeben und überraschend einen Branchenriesen aus dem Rennen gekickt, Tullow Oil. Sofort vermuteten Kritiker, dass wieder mal Lizenzen zum Schleuderpreis verkauft worden waren.

Als Mitarbeiter von Mossfon zudem entdeckten, dass der Neffe von Jacob Zuma die Verträge für eine der beiden Briefkastenfirmen unterzeichnet hatte, brach Unruhe aus. Immer wieder wollten die Mitarbeiter der Kanzlei per Mail von den Mittelsmännern der Firma wissen, wer der wahre Eigentümer sei; wiederholt drohten sie damit, die Firma andernfalls zu schließen. Schließlich erfuhr Mossack Fonseca: Es ist Dan Gertler. Das aber machte, aus Sicht von Mossfon, die Sache nicht besser: Im Sommer 2011 ließ die Kanzlei alle Firmen mit Verbindungen zu Gertler schließen. Sie existieren aber bis heute, nun unter dem Dach von Morgan & Morgan, dem größten Mossfon-Konkurrenten in Panama.

Wie aber kam es zu dem Deal zwischen Gertler, Zuma und der kongolesischen Regierung? Tatsächlich lassen sich an diesem Geschäft einige interessante Verstrickungen ablesen, die viel mit dem Ressourcenreichtum des Kongos zu tun haben.

Dan Gertler gilt schon seit vielen Jahren als enger Freund von Kongos Präsident Joseph Kabila. Dessen Vater und Vorgänger Laurent Kabila hatte mit dem jungen Gertler im Jahr 2000 das erste Diamantengeschäft abgeschlossen. Seither reist Gertler regelmäßig in den Kongo, wo er Joint Ventures und Partnerschaften mit staatlichen und privaten Minenfirmen unterhält.

Recherchen der Nichtregierungsorganisation Global Witness und der Entwicklungsorganisation Africa Progress Panel zeigen: In fünf Fällen verkaufte Kabilas Regierung Minenanteile unter Wert an von Gertler kontrollierte Firmen. Diese reichten die Anteile mit absurd hohem Gewinn weiter. Der Schaden für den kongolesischen Staat beträgt demnach insgesamt knapp 1,4 Milliarden Dollar - das Budget für Gesundheit und Bildung mal zwei. Auch die Ölfelder im Albertsee sollen zu ungewöhnlich günstigen Bedingungen an die beiden Briefkastenfirmen auf den Britischen Jungferninseln verkauft worden sein. Ein Sprecher von Fleurette, Gertlers Holding, der die zwei Firmen gehören, bestreitet das: Die Bedingungen seien für den kongolesischen Staat viel günstiger gewesen als beim Konkurrenten Tullow Oil.

Interessanterweise war acht Monate vor Vertragsschluss Südafrikas Präsident Jacob Zuma beim Kollegen Kabila zu Besuch gewesen, um über Öl zu sprechen, wie die Johannesburger Zeitung City Press berichtet. Als die Gertler-Firmen kurz darauf die Lizenz erhalten, ist Zumas Neffe Khulubuse mit von der Partie. Nach außen gibt er sich als Inhaber der Firmen, in den geleakten Daten taucht er lediglich als Bevollmächtigter auf. Khulubuse Zuma habe einmal eine größere Rolle in den Firmen einnehmen sollen, so der Fleurette-Sprecher, woraus aber nichts geworden sei.

Manche werten diesen geplanten Deal als Belohnung dafür, dass Südafrika hilft, den umkämpften Osten Kongos zu stabilisieren. Das Land am Kap ist einer der wichtigsten Truppensteller für die UN-Mission im Kongo und macht damit die dortigen Bodenschätze für Kabila überhaupt erst zugänglich. Offenbar wollte Kabila mit dem Öl-Geschäft nicht nur seinem Freund Gertler einen Gefallen tun, sondern wohl auch dem Verbündeten aus dem Süden danken.

Für die Zumas kommen die Berichte über ihre Offshore-Verwicklungen ungelegen. Noch nie stand der Clan des umstrittenen Staatschefs so unter Druck: Kürzlich flog auf, dass eine Unternehmerfamilie offenbar so großen Einfluss auf Zuma hat, dass sie sich in die Vergabe von Ministerposten einmischen kann. Das Verfassungsgericht hat den Präsidenten zudem verurteilt, einen Teil der Steuermillionen zurückzuzahlen, mit denen er sich sein Privathaus zum Luxusanwesen hat aufmotzen lassen. Selbst in der Regierungspartei ANC werden die Rücktrittsforderungen lauter. Dan Gertler dagegen scheint nicht beunruhigt zu sein. Eine Anfrage zu den Geschäften beantwortet sein Sprecher entspannt: Wie andere multinationale Unternehmen nutze Fleurette Offshore-Firmen, "um steuerliche Effizienz zu gewährleisten".

Mitarbeit: Craig McKune, Joan Tilouine

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