Rösler und Brüderle:FDP beerdigt schwarz-gelbe Energiepolitik

FDP Philipp Rösler Rainer Brüderle Energiewende

FDP-Chef Rösler (links) und "Spitzenmann" Brüderle wollen jetzt eine andere Energiewende als jene, die sie als Teil der Regierung wollten

(Foto: REUTERS)

Abrechnung per Gastbeitrag: FDP-Chef Rösler und "Spitzenmann" Brüderle fordern einen radikalen Neustart der Energiewende und verabschieden sich damit von der Linie der schwarz-gelben Bundesregierung. Künftig soll die CO2-Reduzierung im Mittelpunkt der Energiepolitik stehen - Grüne und Greenpeace protestieren und sehen die Liberalen auf dem Weg zurück zur Atomenergie.

Von Michael König, Berlin

Vor einer Woche posierten sie gemeinsam für die Kameras: Umweltminister Peter Altmaier und Wirtschaftsminister Philipp Rösler, Seite an Seite, ein Lächeln im Gesicht. Der CDU-Mann und sein Koalitionspartner von der FDP warben für den Netzausbau, für die Energiewende. Sieben Tage später dürfte Altmaier das Lachen vergangen sein, sofern er am Freitagmorgen die Frankfurter Allgemeine Zeitung aufgeschlagen hat.

Dort rechnen Rösler und der FDP-"Spitzenmann" Rainer Brüderle in einem Gastbeitrag mit der Energiepolitik der Bundesregierung ab, der sie angehören. Und brüskieren Altmaier, mit dem sich Rösler seit langem ein Gerangel um Kompetenzen in der Energiepolitik liefert.

"Energiewende ja, aber richtig!" lautet der Titel des Textes. "Es müssen jetzt alle zur Vernunft kommen", mahnen die Autoren. "Die Energiewende braucht einen Neustart."

"Mehr Markt, weniger Planwirtschaft"

Die beiden FDP-Politiker wollen weg von "der Vielzahl der zum Teil widersprüchlichen Zielvorgaben" und sich künftig "auf ein Ziel, nämlich die CO2-Reduzierung, konzentrieren". Die Umsetzung dieser Absicht soll in den Händen der Energieversorger liegen: "Wie sie das erreichen, sollen sie künftig selbst entscheiden, damit sich die wirtschaftlich beste Lösung durchsetzt und Strom bezahlbar bleibt."

Mit Blick auf das von ihnen heftig kritisierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), dessen schnelle und grundlegende Reform sie wiederholt gefordert hatten, plädierten die beiden FDP-Politiker für "mehr Markt, weniger Planwirtschaft". Der Weg in die Staatswirtschaft, der hier sichtbar werde, müsse gestoppt werden.

Ein Ziel statt viele Ziele

Die FDP wendet sich damit im Zeichen des Wahlkampfs gegen das Energiekonzept der Bundesregierung, dass sie selbst verabschiedet hat. Dort werden mehrere Ziele genannt: Steigerung der Energieeffizienz, Ausbau der erneuerbaren Energien, geringere Emissionen der Treibhausgase sowie der Atomausstieg.

Brüderle und Rösler schreiben nun: "Die Vielzahl der Ziele hat sich als Fehler erwiesen. (...) Gesetzt sind nur der Kernenergieausstieg und die Reduzierung des CO2-Ausstoßes." Der Ausbau der erneuerbaren Energien müsse mit einem Moratorium belegt werden, weil Netzausbau und Speicherforschung nicht folgen könnten. Ziele für einen niedrigeren Stromverbrauch seien ebenso unsinnig wie "unwirtschaftliche Dämmvorschriften" für Gebäude und die Installation neuer Solarmodule.

Doch Brüderle und Rösler widersprechen nicht nur der Politik der Regierung, sondern auch ihrer eigenen Partei.

"Zurück zu Kohle und Atom"

Im FDP-Wahlprogramm (hier als PDF) loben sich die Liberalen dafür, den Ausbau der Erneuerbaren vorangebracht zu haben. Statt der Gebäudesanierung den Sinn abzusprechen, heißt es dort, die FDP wolle eine neue Initiative auf den Weg bringen.

Bei Opposition und Umweltaktivisten stößt der Gastbeitrag von Rösler und Brüderle auf Kritik, Grünen-Chefin Claudia Roth sieht die FDP auf dem Weg zurück zur Atomenergie. "Rösler und Brüderle machen sehr klar, was sie wollen: Den erneuerbaren Energien an den Kragen. Dem Ausbau der Erneuerbaren versuchen sie den Anstieg des Strompreises in die Schuhe zu schieben, während sie gleichzeitig für einen rasanten Anstieg der Ausnahmen für Industriebetriebe verantwortlich sind", sagte Roth zu SZ.de. "Wer die Energiewende so zielstrebig mit unlauteren Mitteln abwürgt, der will offenkundig zurück zu Kohle und auch Atom. Das wäre die direkte Konsequenz der Pläne des FDP-Spitzenduos."

"Völlig fatal"

"Die FDP kündigt den nationalen Konsens zur Energiewende auf", sagt Tobias Austrup von Greenpeace. Die Verengung auf das Ziel der CO2-Reduzierung sei "völlig fatal, weil klar ist, dass wir den Ausbau der Erneuerbaren brauchen, um die Energiewende umzusetzen". Die Liberalen würden die Abschaffung des EEG vorbereiten, dass durch zahlreiche Ausnahmen für angeblich energieintensive Unternehmen ohnehin stark ausgehöhlt ist.

Auch beim Koalitionspartner dürfte der Gastbeitrag nicht auf Gegenliebe stoßen. Brüderle und Rösler stellen nicht nur die bisherige gemeinsame Linie in Frage, sie sprechen sich auch erneut für die umstrittene Förderung neuer fossiler Energieträger aus: "Wo neue Technologien wie Schiefergas zum Einsatz kommen, sinken die Energiepreise für die kommenden Jahre drastisch."

Rösler versus Altmaier

Altmaier hatte bislang stets betont, das "Fracking" zur Gewinnung von Schiefergas sei mit zu großen Risiken verbunden, der Einsatz sei nicht zu verantworten. Auch das CDU-Wahlprogramm lehnt Fracking ab. Eine SZ.de-Anfrage im Umweltministerium läuft.

Im April 2013 waren Rösler und Altmaier aneinandergeraten, als das Europäische Parlament über eine Reform des Emissionshandels abstimmte, um Klimasünden teurer zu machen. Der Umweltminister warb damals für ein Ja - sein Kabinettskollege hielt dagegen. Die Abstimmung endet mit einer Niederlage der Klimaschützer.

Das FDP-Wahlprogramm sieht vor, "alle Verantwortung und Bundesaufgaben im Zusammenhang mit der Energieerzeugung und Energieversorgung" künftig im Bundeswirtschaftsministerium zu bündeln. Das würde die Entmachtung Altmaiers in der Energiepolitik bedeuten.

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