Ringen um Fiskalpakt:Steinmeier erhöht Druck auf Merkel

Es wird wohl ein teurer Kompromiss für die Bundesregierung, will sie SPD und Grüne zur Zustimmung zum europäischen Fiskalpakt bewegen. Kurz vor den entscheidenden Verhandlungen hat SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier das noch einmal deutlich gemacht und eine sanfte Warnung ausgesprochen.

Diesmal sitzen die Oppositionsparteien an einem langen Hebel. Die schwarz-gelbe Koalition ist auf ihre Zustimmung zum europäischen Fiskalpakt angewiesen. Einige Tage vor der entscheidenden Verhandlungsrunde haben SPD und Grüne noch einmal deutlich gemacht: Ihr Ja zum Fiskalpakt gibt es nicht umsonst. Die Parteien beharren auf weiteren Zugeständnissen der Regierung. Außer Überschriften habe die schwarz-gelbe Koalition zu den Themen Wachstum und Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit noch nicht viel geliefert, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Hier muss es in den nächsten Tagen noch Bewegung geben."

Für die Billigung des Fiskalpakts, einem Vertrag für mehr Haushaltsdisziplin in Europa, ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat nötig, die Stimmen von Schwarz-Gelb allein reichen daher nicht aus. An diesem Mittwoch treffen sich die Spitzen von Koalition und Opposition zur Schlussrunde ihrer Verhandlungen bei Bundeskanzlerin Angela Merkel. Einen Tag später will Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder beraten.

SPD und Grüne verlangen, dass die Bundesregierung die Idee eines Schuldentilgungsfonds für Euro-Staaten aufgreift, was die Koalition aber ablehnt. "Das wäre genau die Vergemeinschaftung der Schulden, die wir nicht wollen", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder dem Blatt. Auch die Zustimmung zu Konjunkturpaketen schloss er aus. Dauerhaftes Wachstum sei nur durch Strukturreformen zu erzielen, betonte Kauder.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wies darauf hin, dass Deutschland ohnehin die Wachstumslokomotive in Europa sei. "Aber wir reden natürlich mit der Opposition und mit den europäischen Partnern über Wachstumsmaßnahmen. Wir wollen Krisenstaaten helfen. Und wir setzen damit die Politik der letzten Jahre konsequent und entschieden fort", sagte der CDU-Politiker der Passauer Neuen Presse.

Die Union rechnet damit, dass sich Koalition und Opposition in dieser Woche einig werden. "Ich bin zuversichtlich, dass SPD und Grüne für den Fiskalpakt stimmen. Und zwar vor der Sommerpause", sagte Kauder. Als "klassischen Kompromiss" bezeichnete er die Einigung auf Eckpunkte für eine Finanztransaktionssteuer: "Damit müsste der Opposition die Zustimmung zum Fiskalpakt möglich sein."

12,4 Milliarden Euro für die Zustimmung

Die SPD-geführten Bundesländer stellen harte Bedingungen für eine Zustimmung zum Fiskalpakt im Bundesrat: Nach einem Positionspapier, das der Märkischen Allgemeinen Zeitung vorliegt, verlangen sie, dass der Bund mögliche Strafzahlungen an die Europäische Union vollständig übernimmt. Intern heißt es dem Blatt zufolge, dass sich diese Forderung vor allem auf den Zeitraum bis 2020 bezieht, denn bis dahin gehe der Fiskalpakt über die Vorschriften der deutschen Schuldenbremse hinaus.

Zusammen mit Bayern verlangen die SPD-geführten Länder auch, dass der Bund die bisher von den Kommunen aufgebrachten Leistungen für die Eingliederungshilfe von behinderten Menschen schrittweise übernimmt. Einen entsprechenden Antrag hat der Freistaat bereits in den Bundesrat eingebracht. 2010 erhielten etwa 630.000 Personen diese Leistungen in einer Gesamthöhe von immerhin 12,4 Milliarden Euro.

EU soll zur Euro-Rettung echte Fiskalunion planen

Selbst wenn Koalition und Opposition in der kommenden Woche zu einem Kompromiss gelangen, könnte dieser möglicherweise schon bald obsolet sein: Nach Informationen des Spiegel wollen die Chefs der europäischen Institutionen mit einem umfassenden Reformplan den Euro retten. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker und Mario Draghi, der Chef der europäischen Zentralbank, arbeiteten an einer echten Fiskalunion, in der die einzelnen Mitgliedsstaaten nicht mehr selbstständig neue Schulden machen dürften, berichtet das Magazin in seiner Montagsausgabe. Frei verfügen sollen die Regierungen demnach nur noch über Finanzmittel, die durch eigene Einnahmen gedeckt sind.

Wer mehr Geld brauche, als er selbst erwirtschafte, müsse seinen Bedarf bei der Gruppe der Euro-Finanzminister anmelden, hieß es. Diese solle nach den Vorstellungen der vier hochrangigen EU-Planer entscheiden, welche Finanzwünsche von welchem Land in welcher Höhe gerechtfertigt sind, und dann gemeinsame Euro-Anleihen ausgeben, um diese Schulden zu finanzieren. Die exklusive Ministerrunde würde von einem hauptamtlichen Vorsitzenden geleitet, der am Ende sogar zum europäischen Finanzminister aufsteigen könnte.

Kontrolliert werden soll die mächtige Runde der Finanzminister durch ein neues europäisches Gremium, in dem die Vertreter der nationalen Parlamente sitzen, wie der Spiegel weiter berichtet. Das Modell, das die vier EU-Spitzen favorisierten, laufe auf einen europäischen Haftungsverbund hinaus, den die Bundesregierung bisher immer abgelehnt habe. Nach den Vorstellungen aus Brüssel solle die Regelung allerdings nur für neue Schulden gelten, für die Altlasten, die im Zentrum der aktuellen Krise stehen, müssten nach wie vor die einzelnen Staaten gerade stehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: