Rheinland-Pfalz:Wer Kurt Beck beerben könnte

Seit 18 Jahren regiert Beck in Rheinland-Pfalz - immer hat er beteuert, dass er bis 2016 im Amt bleiben will. Allerdings fügte er in letzter Zeit häufiger hinzu: "Wenn ich gesund bleibe". Nun wird in Mainz wohl bereits sein Abgang vorbereitet. Die Kontrahenten um die Nachfolge bringen sich in Stellung.

Marc Widmann, Mainz

Es war im Sommer 2010, da erklärte der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust (CDU), er sei "durchgenudelt" nach neun Jahren an der Spitze seines Stadtstaates, und trat ab. Zu dieser Zeit war Kurt Beck mal wieder im Bus unterwegs auf Sommertour durch Rheinland-Pfalz und schimpfte leidenschaftlich, wie "unvorstellbar" das doch sei: einfach zu sagen, er habe keine Lust mehr. "Die hedonistische Strömung ist mir schon immer auf den Geist gegangen", schimpfte der Regierungschef.

Rot-grüne Sondierungsgespräche gehen weiter, Foto: Fredrik Von Erichsen

Kurt Beck sucht einen Nachfolger: Kommt die Erneuerung in der rheinland-pfälzischen SPD früher als gedacht?

(Foto: Fredrik Von Erichsen, dpa)

Seit fast 18 Jahren regiert Kurt Beck nun schon in Mainz, und als er im vergangenen März noch einmal recht knapp die Wahl gewann, fragten ihn die Reporter, ob er wirklich volle fünf Jahre bis 2016 an der Spitze bleiben wolle. "Ja Gott", sagte Beck etwas genervt, "wenn eine Straßenbahn mich überfährt, dann wird der liebe Gott Grenzen gesetzt haben. Aber wenn ich gesund bleibe, will ich das schon gerne machen."

Trotzdem wird nun in Mainz bereits der Abgang vorbereitet. Es sollten eigentlich geheime Gespräche sein, die derzeit im kleinen Zirkel geführt werden, um einen Nachfolger zu finden. Aber die Kontrahenten versuchen offenbar, sich in Stellung zu bringen - so dringen seit Tagen zuerst Gerüchte an die Öffentlichkeit, dann ein Artikel in der Rhein-Zeitung und am Mittwoch schließlich die offizielle Bestätigung des SPD-Generalsekretärs, dass es zur Nachfolgersuche "selbstverständlich Gespräche unter Leitung von Kurt Beck" gebe. Selbstverständlich? Wo der Wechsel doch angeblich erst in vier Jahren sein soll?

Es war schon immer auffällig, wie regelmäßig Beck auf die Frage nach seiner Regentschaft bis zum Ende der Wahlperiode 2016 immer wieder hinzufügte: "wenn ich gesund bleibe". So formulierte es auch jetzt wieder die Partei, aber wer ist schon völlig gesund nach fast 18 Jahren in einem Job, der kaum eine freie Minute lässt? In der SPD erzählen manche schon, dass der Chef etwas abgekämpft aussieht in jüngster Zeit.

Ein Wunder wäre das nicht, schließlich waren die vergangenen Monate kein reines Vergnügen für Beck: Erst die zehn Zähler minus bei der Wahl, dann eine veritable Revolte von Richtern gegen Sparpläne bei der Justiz, dazu pausenlos der Ärger um den missratenen Freizeitpark am Nürburgring. Zuletzt erschien am Mittwoch auch noch eine Umfrage der Rheinpfalz, wonach die forsche CDU-Chefin Julia Klöckner erstmals in den Sympathie-Werten vor Beck lag.

Der Wechsel soll in jedem Fall harmonisch laufen, das verlangt Beck von seinen Nachfolgern. Er ist noch geprägt von seiner eigenen Kür im Jahr 1994, als ihn Rudolf Scharping per ordre an die Spitze der Regierung hievte, zum Unwillen einiger Parteifreunde. Die ersten Jahre waren deshalb nicht leicht für Kurt Beck, das will er seinem Nachfolger ersparen. Deshalb sollen sich die Kandidaten jetzt gemeinsam einigen, wer von ihnen seine Posten als Regierungschef und Landesvorsitzender übernimmt, auch eine Doppelspitze ist denkbar. Beck will eine friedliche Partei hinterlassen.

Es ist vor allem ein Zweikampf: Als Favorit gilt Innenminister Roger Lewentz, dessen große Stärke es ist, bei seinen Gesprächspartnern ein wohliges Gefühl des Geschätzt-werdens auszulösen. Sein größter Kontrahent ist Fraktionschef Hendrik Hering, der als guter Stratege gilt, aber auch als einer, der eher Kopf als Herz der Menschen erreicht. Zielstrebig sind sie beide, sie hätten sicher nichts gegen einen Wechsel in die Staatskanzlei.

Es gibt Gespräche, aber noch keine Ergebnisse", sagt also SPD-Generalsekretär Alexander Schweitzer. Überhaupt müssten dann die Gremien entscheiden. Dass alles schon nach der Sommerpause über die Bühne gehen könnte, will er nicht bestätigen. Interessant ist aber doch, dass der SPD-Landesparteitag für dieses Jahr noch nicht terminiert ist.

Wann auch immer Beck seine Ämter übergibt, für seine Partei beginnt dann eine schwierige Zeit. Schließlich ist keiner seiner Nachfolger so bekannt wie er, schließlich hat Beck mit seinem Politikstil auch viele konservative Rheinland-Pfälzer für die SPD gewonnen. So wird es für die Partei tatsächlich ein "historischer Wechsel", wie es der Generalsekretär nennt. Aber kann Kurt Beck überhaupt leben ohne Politik, wird sie ihm nicht furchtbar fehlen? "Nö", antwortete er bereits vergangenen Herbst in einem SZ-Interview auf diese Frage. "Ich werde mich ehrenamtlich engagieren. Im Zentrum wird der Tierschutz stehen, das weiß ich schon sehr genau."

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