Rheinland-Pfalz:Rebellen am Pranger

Die Koalition in Mainz wird den Misstrauensantrag gegen Ministerpräsidentin Malu Dreyer wohl abwehren - auch dank der Abstimmungs-Regeln.

Von Susanne Höll, Frankfurt

Die Partner der rheinland-pfälzischen Ampelkoalition sind zuversichtlich, trotz knapper Mehrheitsverhältnisse den Misstrauensantrag der CDU gegen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) abzuwehren. Vertreter von SPD, FDP und Grünen gehen fest davon aus, dass alle 52 Abgeordneten des Regierungsbündnisses am Donnerstag im Mainzer Landtag Dreyer stützen wollen. Dabei würden schon zwei Abweichler reichen, um die Regierungschefin inmitten der Regierungsaffäre um den Verkauf des Flughafens Hahn zu stürzen. CDU und AfD - die zweite Oppositionspartei - verfügen über 49 Sitze. Bekäme der Unionsantrag 51 Stimmen, verlöre Dreyer knapp zwei Monate nach ihrer Wiederwahl im Landtag ihr Amt.

Insbesondere in der FDP war dem Vernehmen nach Unmut über die SPD, vor allem über deren für die Hahn-Privatisierung zuständigen Innenminister Roger Lewentz laut geworden. Teile der Partei sind nach wie vor unzufrieden, dass ihr Vorsitzender Volker Wissing, inzwischen Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister, in eine Ampel unter Führung der Sozialdemokraten eintrat, die die Liberalen im Wahlkampf noch kritisiert hatten. Dennoch sei mit FDP-Abweichlern nicht zu rechnen, hieß es; es habe zuletzt längere interne Gespräche gegeben. CDU-Chefin Julia Klöckner hatte an liberale Abgeordneten appelliert, sich von Dreyer zu distanzieren. Sie sieht in der Ministerpräsidentin die Hauptverantwortliche für das Debakel um den Flughafen. Dem widerspricht die SPD. Sie wirft Klöckner, die die Landtagswahl im März verloren hatte, vor, Dreyer aus eigenem Machtinteresse diskreditieren zu wollen.

CDU-Chefin Julia Klöckner warb vor allem um die Stimmen von FDP-Abgeordneten

Der Optimismus der Koalitionsfraktionen erklärt sich auch mit dem Abstimmungsprozedere. Die Entscheidung jedes Parlamentariers wird zusammen mit dem jeweiligen Namen publik gemacht. Sollte es potenzielle Rebellen geben, müssten die öffentliche Kritik befürchten, verlautete aus der Koalition. In den Bundesländern gibt es unterschiedliche parlamentarische Regeln für Misstrauensvoten.

Aber auch nach einem gescheiterten Misstrauensvotum wird das Debakel um den Verkauf des defizitären landeseigenen Regionalflughafens der Koalition in mehrfacher Hinsicht die Arbeit schwer machen. Lewentz war im Frühjahr einem offenkundig windigen Investor aus China aufgesessen, der den Airport erwerben, aber nicht zahlen wollte. Das Innenministerium, das bei dem Verkauf von Wirtschaftsprüfern der KPMG beraten worden war, hat inzwischen in Deutschland Strafanzeige gegen das dubiose Shanghaier Unternehmen SYT gestellt. Nun soll mit zwei weiteren früheren Interessenten weiterverhandelt werden, der deutsch-chinesischen Firma ADC und einem chinesisch-amerikanischen Konsortium. Die Verhandlungen könnten sich nach Einschätzungen aus Koalitionskreisen hinziehen, da die Bonität der beiden Bieter nun ausgiebigst überprüft werden soll. Wissing, der mit der Hahn-Privatisierung nichts zu tun haben wollte, wolle sich nun in die Prüfung einschalten und sich persönlich ein Bild von allen Bewerbern machen.

Ob sich für den Flughafen am Ende ein Käufer findet, ist offen. Notfalls muss die Landesregierung den Airport in die Insolvenz schicken. Das wollte und will die SPD vermeiden.

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