Rheinland-Pfalz:Absolute Mehrheit für die SPD

Nach der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz können die Sozialdemokraten unter Ministerpräsident Kurt Beck der FDP den Laufpass geben und allein reagieren. Die Union fuhr das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der Landespartei ein.

Ministerpräsident Kurt Beck hat bei den Landtagswahlen am Sonntag nach 15 Jahren rot-gelber Koalition die absolute Mehrheit gewonnen

Die SPD kommt laut vorläufigem amtlichen Endergebnis auf 45,6 Prozent. Das sind 0,9 Punkte mehr als bei der Wahl 2001.

Die CDU erreichte 32,8 Prozent der Stimmen (minus 2,5 Punkte). Becks Herausforderer Christoph Böhr fuhr damit das bisher schlechteste Ergebnis für die Landes-CDU ein und trat von seinen Ämtern als Partei- und Fraktionschef zurück.

Die FDP konnte um 0,2 Punkte auf 8,0 Prozent zulegen.

Die Grünen scheiterten mit 4,6 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde. Wäre ihnen der Einzug ins Landesparlament gelungen, hätte dies eine Alleinregierung der SPD noch in Frage stellen können.

Auch die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG), deren möglicher Einzug in den Landtag als Knackpunkt für die bisherige rot-gelbe Koalition gegolten hatte, hat es mit 2,5 Prozent nicht in den Landtag geschafft.

"Die große Krise ist nicht da"

Beck sprach von einem "großartigen Ergebnis", das Beleg dafür sei, "dass die große Krise, die der SPD auf Bundesebene zugeschrieben worden ist, nicht da ist".

Die SPD kann nun ihrem langjährigen Koalitionspartner FDP den Laufpass geben. Beck kündigte nach den ersten Ergebnissen zwar an, er werde auf jeden Fall mit der FDP Gespräche führen. Dies gebiete die Fairness nach 15 Jahren guter Zusammenarbeit. Er relativierte aber frühere Aussagen des SPD-Fraktionschefs Joachim Mertes.

Dieser hatte gesagt, seine Partei wolle auch bei einer absoluten Mehrheit dem bisherigen Koalitionspartner ein Angebot zur Regierungsbeteiligung machen. Der bisherige Juniorpartner kam auf etwa 8 Prozent der Stimmen und konnte damit gegenüber 7,8 Prozent 2001 sein Ergebnis halten.

Die Bundes-FDP hatte ein Koalitionsangebot im Fall einer absoluten Mehrheit der SPD sowieso abgelehnt.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte auf die Frage, ob so etwas denkbar sei: "Nein, man geht in keine Regierung, in der man nicht gebraucht wird."

Mit dem Wahlergebnis verliert die FDP ihren Einfluss im Bundesrat, wo sie bisher Änderungen an der Verfassung wie etwa bei der Föderalismusreform verhindern konnte.

Bei der letzten Wahl 2001 hatten noch 44,7 Prozent für die SPD und 35,3 Prozent für die CDU gestimmt. Nach den bisherigen Zahlen käme die SPD im neuen Landtag auf 53 Sitze (vorher 49), die Union auf 38 Sitze. Die FDP verbesserte sich um zwei auf zehn Sitze.

Lob vom Parteichef

Christoph Böhr bezeichnete das Wahlergebnis als "dramatisch schlecht", was sicherlich viele Gründe gehabt habe. Er sei natürlich enttäuscht. Er gehe davon aus, dass sich seine Partei noch einige Zeit mit der Wahlniederlage auseinander setzen werden müsse. "Die Gründe werden wir sicher nicht heute abschließend erörtern können. Das wird uns noch lange beschäftigen."

Die CDU erreichte im zweiten Anlauf unter Böhr, das bis dahin schlechteste Ergebnis der Landespartei im Jahr 2001 nochmals zu unterbieten. Bereits nach dem letzten Wahldesaster hatte Böhr nur mit Mühe seinen Sturz verhindern können. Nach der erneuten Wahlschlappe trat er nun von seinen Parteiämtern zurück.

Der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) sprach von einer konsequenten Entscheidung und hält auch den Rücktritt Böhrs vom Amt als stellvertretender Bundesvorsitzender für denkbar.

SPD-Chef Matthias Platzeck zeigte sich sehr zufrieden mit dem Wahlausgang in Rheinland-Pfalz. "Ich freue mich, dass ich mich als Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands bei Landtagswahlen wieder über Wahlsiege freuen darf", sagte er in Berlin. Seine Gratulation gehe "ohne Umschweife an den alten und neuen Ministerpräsidenten Kurt Beck".

Der Erfolg der SPD lag vermutlich auch an dem ganz auf Ministerpräsident Kurt Beck zugeschnittenen Wahlkampf. Der bodenständige Pfälzer genießt in dem bäuerlich-mittelständischen Bundesland ein so hohes Ansehen, dass nach Medienberichten sogar CDU-Anhänger ihn bei einer Direktwahl dem eigenen Spitzenkandidaten Christoph Böhr vorgezogen hätten.

Die Christdemokraten versuchten sich daher mit Sachthemen an Becks Sturz. Arbeitsplätze, Kindergärten, Bildung, Ausländer, Sicherheit: Im Wahlkampf der CDU ging es wie bei der Konkurrenz vor allem um landespolitische Themen.

Das Pech der CDU war auch: Nach dem Vorziehen der eigentlich erst für diesen Herbst geplanten Bundestagswahl gab es in Rheinland-Pfalz keine bundespolitische Wechselstimmung mehr. Beflügelt vom Protest gegen Rot-Grün in Berlin zum Sieger in Mainz aufsteigen - dies war für Böhr nicht mehr möglich. Da half auch der Kanzlerin-Bonus nicht mehr.

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