Republik Kongo:Langzeitherrscher unter Druck

Der Präsident der Republik Kongo will die Verfassung ändern und weiterregieren. Seine Gegner sagen: Mehr als 30 Jahre an der Macht sind genug. Nun eskalieren die Proteste, mehrere Menschen sterben.

Von Isabel Pfaff

Denis Sassou-Nguesso ist jetzt 71 Jahre alt. Mehr als 30 Jahre seines Lebens hat er - mit Unterbrechungen - an der Spitze der Republik Kongo verbracht, doch das reicht ihm nicht. Der Langzeitpräsident hat eine Verfassungsreform auf den Weg gebracht, die ihm erlauben würde, ein weiteres Mal zu kandidieren. Die Reform soll die 2002 eingeführte Beschränkung auf zwei Amtszeiten aufheben, genau wie die Regel, dass Präsidentschaftskandidaten nicht älter als 70 sein dürfen.

Am Sonntag möchte der Herrscher des "kleinen" Kongo, westlicher Nachbar der größeren Demokratischen Republik Kongo, das Volk per Referendum darüber abstimmen lassen. Doch die Gegner der Änderung bezeichnen die geplante Reform als "Verfassungsputsch", seit Wochen machen sie dagegen mobil. Am Dienstag sind die Unruhen eskaliert. Bei Protesten in der Hauptstadt Brazzaville und der Hafenstadt Pointe-Noire wurden mindestens vier Menschen getötet und zehn verletzt. Unter den Verletzten sind nach Angaben des kongolesischen Innenministers auch drei Sicherheitskräfte. Am Mittwoch kam es erneut zu Zusammenstößen zwischen Polizisten und Regierungsgegnern.

Das Oppositionsbündnis, von dem der Widerstand gegen die Verfassungsänderung ausgeht, hatte bislang friedlich demonstriert. Schon Ende September waren Tausende, mehrheitlich junge Demonstranten in der Hauptstadt gegen Sassou-Nguesso auf die Straße gegangen. Doch seit dem vergangenen Wochenende schießen die Sicherheitskräfte scharf auf Oppositionsversammlungen. Hintergrund für die steigenden Spannungen ist ein Ultimatum, das die Opposition dem Präsidenten am 11. Oktober gestellt hatte: Bis zum 19. Oktober sollte Sassou-Nguesso Abstand vom "verfassungswidrigen" Referendum nehmen, ansonsten werde sich das Volk vom 20. Oktober an um seine Absetzung bemühen. Am Montagabend ist dieses Ultimatum ausgelaufen, gleichzeitig verhängte die Regierung ein Versammlungsverbot von Dienstag bis zum Referendumstermin. Am Dienstagmorgen begannen Regierungsgegner, Barrikaden auf mehreren Straßen von Brazzaville zu errichten und Autoreifen anzuzünden. Regierungsangaben zufolge setzten sie auch die Häuser mehrerer Regierungspolitiker in Brand und griffen Polizeikommissariate an. Die Sicherheitskräfte reagierten mit Tränengas und scharfer Munition. In Brazzaville und Pointe-Noire war außerdem kurz vor den Demonstrationen die Kommunikation zusammengebrochen. Die Regierung wies die Verantwortung dafür von sich.

Auch in Burkina Faso, Burundi und im benachbarten Kongo haben die Menschen aufbegehrt

Die Ereignisse in dem ölreichen zentralafrikanischen Land erinnern an ähnliche Proteste in Burkina Faso, Burundi und im benachbarten Kongo. Überall versuchten oder versuchen die Staatschefs, sich länger an der Macht zu halten, als es die Verfassung vorsieht. In Burkina Faso ist der Präsident vor einem Jahr über diesen Plan gestolpert: Die Proteste waren so heftig, dass er schließlich zurücktreten musste. In Burundi wehren sich die Gegner von Staatschef Pierre Nkurunziza seit April gegen dessen drittes Mandat, der Konflikt hat sich inzwischen zu einem blutigen Bürgerkrieg ausgeweitet. In der Demokratischen Republik Kongo regiert seit 14 Jahren Präsident Joseph Kabila. Proteste gegen eine mögliche Ausdehnung seiner letzten Amtszeit lässt die Regierung regelmäßig mit Gewalt niederschlagen.

Sassou-Nguesso ist nun die Nummer vier. Auch in seinem Fall will eine wachsende Zahl von Kritikern den Machthunger ihres Präsidenten nicht länger hinnehmen. Allerdings sieht es derzeit nicht so aus, als würde der 71-Jährige vor den Forderungen seiner zumeist jugendlichen Gegner einknicken. Es ist also zu erwarten, dass die Zahl der Todesopfer bis zum Abstimmungstermin am Sonntag weiter steigen wird.

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