Religionsmonitor:Viele Muslime helfen Flüchtlingen

Beginn der Fastenzeit Ramadan

Muslime und Christen vollziehen in Delmenhorst gemeinsam das Fastenbrechen.

(Foto: dpa)

Fast jeder Zweite engagiert sich für Migranten. Christen sind in der Flüchtlingshilfe deutlich seltener aktiv. Geht es um ehrenamtliches Engagement im Allgemeinen, sieht die Sache anders aus.

Von Paul Munzinger

Muslime haben sich im vergangenen Jahr deutlich stärker ehrenamtlich für Flüchtlinge engagiert als Christen oder Menschen, die keiner Konfession angehören. Zu diesem Ergebnis kommt die erste Teilstudie des Religionsmonitors, die die Bertelsmann-Stiftung am Montag veröffentlicht hat. 2016 waren demnach 44 Prozent der befragten Muslime in der Flüchtlingshilfe aktiv, mehr als doppelt so viele wie bei Christen (21 Prozent) oder Konfessionslosen (17 Prozent).

Für den Religionsmonitor, der nach 2007 und 2013 zum dritten Mal veröffentlicht wird, wurden insgesamt mehr als 10 000 Menschen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Großbritannien sowie der Türkei befragt. Die nun vorgestellte Teilstudie basiert auf den Antworten von 2500 Menschen in Deutschland. Unter ihnen sind 1000 Muslime, die im Vergleich zu früheren Erhebungen zusätzlich befragt wurden. Angehörige religiöser Minderheiten, schreiben die Autoren Alexander Nagel und Yasemin El-Menouar, sollten stärker als bisher zu Wort kommen.

Ausgangspunkt der Untersuchung sei die Debatte über die Rolle der in Deutschland lebenden Muslime nach der Ankunft Hunderttausender Flüchtlinge seit dem Spätsommer 2015 gewesen. So sei den Muslimen vorgeworfen worden, sich zu wenig an der Flüchtlingshilfe zu beteiligen. Zudem sei über mögliche Versuche diskutiert worden, Flüchtlinge unter dem Deckmantel der Hilfe religiös zu indoktrinieren, etwa durch salafistische Prediger. Beide Vorwürfe hielten einer empirischen Prüfung nicht stand, urteilen nun die Autoren. So sei nicht nur nahezu jeder zweite Muslim in der Flüchtlingshilfe aktiv gewesen. Die Mehrheit der Engagierten gab in der Befragung zudem an, ihre Hilfe nicht mit einem besonderen Sendungsbewusstsein zu verbinden. Nur bei zwei Prozent der muslimischen Helfer lasse sich von der "Absicht einer reaktionären, fundamentalistisch gefärbten Einflussnahme" sprechen. Bei Christen und Konfessionslosen trifft dies auf je ein Prozent der Befragten zu.

Waren Muslime also in der Flüchtlingshilfe aktiver als Christen, so beteiligen sich Christen mehr, wenn es um ehrenamtliches Engagement im Allgemeinen geht. Gleichwohl haben sich die Werte auch bei den Muslimen im vergangenen Jahr erhöht, was die Autoren der Studie vor allem auf die Flüchtlingshilfe zurückführen. Nun gelte es, das auf diese Weise mobilisierte zivilgesellschaftliche Engagement der Muslime zu bewahren. "Die offene, vielfältige Gesellschaft ist auf solche Brückenbauer der Integration angewiesen", heißt es in der Studie.

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