Regierungsbildung:Die SPD bewegt sich

In der Parteispitze mehren sich die Stimmen, Gespräche auch mit der Union nicht zu verweigern.

Von Christoph Hickmann, Berlin

German President Frank-Walter Steinmeier meets Social Democratic Party (SPD) leader Martin Schulz in Berlin

Am Donnerstag berieten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (links) und SPD-Chef Martin Schulz im Schloss Bellevue über die Regierungsbildung. Den Gesichtern nach könnte es um einen Ausweg gegangen sein, der Angela Merkel wieder ins Kanzleramt hilft.

(Foto: J. Denzel/Reuters)

In der SPD zeichnet sich ein hartes Ringen um die Frage ab, ob sie sich nun doch an der Bildung einer Regierung beteiligt. Vor dem Gespräch zwischen Parteichef Martin Schulz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Donnerstagnachmittag dominierte an der Parteispitze die Einschätzung, dass man sich Gesprächen mit den anderen Parteien, also auch der Union, nicht werde verweigern können. Zugleich gab es weiter Stimmen, die davor warnten, am Ende wieder in einer großen Koalition zu landen. Inhalte des Gesprächs waren bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht bekannt.

Seit dem Platzen der Sondierungen für ein Jamaika-Bündnis war der öffentliche Druck auf die Sozialdemokraten gestiegen, sich angesichts der neuen Lage zu bewegen und von ihrer Festlegung abzurücken, in die Opposition zu gehen. Auch intern mehrten sich die Stimmen derer, die dazu aufriefen, das strikte Nein zur großen Koalition zu überdenken. Nachdem der SPD-Vorstand dieses Nein am Montag erneut bekräftigt hatte, warnten zahlreiche Genossen, sich vorschnell auf Neuwahlen festzulegen. Daraufhin hatte Parteichef Schulz Gesprächsbereitschaft signalisiert und versichert, die SPD sei sich ihrer Verantwortung "vollständig" bewusst. Am Donnerstagnachmittag kam die engste Parteiführung zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten; bis Mitternacht lagen noch keine Ergebnisse vor.

Vor dieser Sitzung veränderten mehrere einflussreiche Sozialdemokraten, die bislang als Gegner einer großen Koalition galten, behutsam ihre Tonlage. So twitterte der Parteilinke Ralf Stegner, es komme nicht in Betracht, "die große Koalition einfach fortzusetzen" - womit er die Möglichkeit offen ließ, ein solches Bündnis zu veränderten Konditionen neu zu verhandeln. Auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Axel Schäfer, der wie Stegner zu den Parteilinken zählt, signalisierte zumindest Gesprächsbereitschaft. Zwar sagte er, die Gemeinsamkeiten mit der Union seien nach vier Jahren großer Koalition verbraucht. Zugleich aber schloss er Verhandlungen nicht aus: "Um noch einmal in Gespräche einzusteigen, bräuchte es neue Angebote von Seiten der Union." Es würde "selbst beim Thema Europa sehr schwierig, gangbare Brücken zu bauen".

In der Partei wurde betont, es gebe neben Neuwahlen und einer großen Koalition auch die Möglichkeit einer von der SPD tolerierten Minderheitsregierung. Nun müsse man in Ruhe die Optionen abwägen. "Die anderen Parteien haben sich wochenlang Zeit genommen, um am Ende zu keinem Ergebnis zu kommen", sagte die geschäftsführende Familienministerin Katarina Barley der SZ. "Die SPD hat es verdient, sich nun auch erst einmal Zeit nehmen zu können." Die SPD habe in ihrer Geschichte "so viel Verantwortung getragen" - auch diesmal werde man "wieder verantwortungsvoll handeln", so Barley. "Wie diese Verantwortung genau aussehen wird, das müssen wir jetzt erst einmal innerhalb der Partei klären."

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