Regierungsbildung:Ausweg für Spanien

Die Liberalen wollen den Konservativen Rajoy bei der Regierungsbildung unterstützen. Allerdings stellen sie sechs Bedingungen.

Von Thomas Urban, Madrid

In Madrid zeichnete sich am Mittwoch ein Ausweg aus der politischen Blockade ab, die seit mehr als sieben Monaten das Land lähmt. Der amtierende konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy begrüßte eine Initiative der liberalen Partei Ciudadanos (Bürger), ihm im Parlament durch Stimmenthaltung zu einer weiteren Amtszeit zu verhelfen. Die Ciudadanos verbanden ihren Vorschlag allerdings mit einem sechs Punkte umfassenden Forderungskatalog, in dessen Mittelpunkt einschneidende Maßnahmen gegen Korruption sowie eine Änderung des Wahlrechts zugunsten der kleineren Parteien stehen.

Überraschend ergriff auch der frühere sozialistische Premier Felipe González in der Debatte über die Bildung der künftigen Regierung das Wort: González, der als Regierungschef von 1982 bis 1996 das Land in den westlichen Bündnissen verankerte, forderte seine eigene Partei, die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) auf, ihren Widerstand gegen die Wiederwahl Rajoys aufzugeben.

Die von Rajoy geführte konservative Volkspartei (PP) hatte nicht nur die regulären Parlamentswahlen im Dezember 2015 mit deutlichem Vorsprung gewonnen, sondern bei den vorgezogenen Neuwahlen vor sechs Wochen ihren Anteil um vier Prozent auf genau ein Drittel der Stimmen steigern können. Allerdings errang die PP nur 137 der 350 Sitze in den Cortes, dem Unterhaus des Parlaments, während sie im Oberhaus, dem Senat, ihre absolute Mehrheit verteidigte. Bei beiden Wahlen verfehlten die links orientierten Parteien, neben der PSOE das Bündnis Podemos, dem Linksalternative, Grüne und Neomarxisten angehören, deutlich die Hälfte der Sitze. Stattdessen sind die Befürworter der Sparpolitik, wie sie Rajoy in den vergangenen vier Jahren durchgesetzt hat, klar in der Mehrheit.

Die konservative Partei Rajoys wird nur regieren können, wenn die PSOE Zugeständnisse macht

Auch die Ciudadanos setzen auf die weitere Sanierung der Staatsfinanzen, sind aber an die Festlegung ihres Vorgesetzten Albert Rivera gebunden, der eine Koalition unter Rajoy ablehnt. Dieser stehe für die großen Korruptionsaffären der PP; wohl ist laut Rivera ein formales Bündnis der Ciudadanos mit der PP denkbar, falls diese einen anderen Kandidaten für das Amt des Regierungschef aufstelle. Doch Rajoy sagte wiederholt, er persönlich wolle die Reformen vollenden, um das Land sicher aus der Krise zu führen. Die Ciudadanos stellen 32 Abgeordnete, Rajoy würden somit immer noch sieben Stimmen zur absoluten Mehrheit fehlen. In den Cortes verfügen zwar Regionalparteien aus dem Baskenland und Katalonien über 24 Sitze. Gespräche Rajoys mit der Baskischen Nationalistischen Partei, die gemäßigt konservative Positionen vertritt, verliefen allerdings ergebnislos.

Die PP wird also nur regieren können, wenn die PSOE Zugeständnisse macht. Darauf bezog sich der Appell des Parteipatriarchen González. Er nahm damit offen Position gegen den PSOE-Vorsitzenden Pedro Sánchez ein, der offenkundig Rajoy scheitern sehen möchte, weil er selbst zu Beginn des Jahres beim Versuch der Regierungsbildung zweimal gescheitert ist.

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