Regierung in Irland:Irland: Alte Feinde tolerieren konservative Minderheitsregierung

Regierung in Irland: Enda Kenny hat allen Grund zu großen Gesten. Er wurde gerade als Premierminister wieder gewählt.

Enda Kenny hat allen Grund zu großen Gesten. Er wurde gerade als Premierminister wieder gewählt.

(Foto: AFP)
  • Nach wochenlangen Verhandlungen hat Irland nun eine neue Regierung.
  • Das Parlament wählte Enda Kenny von der konservativen Partei Fine Gael erneut zum Ministerpräsidenten.
  • Überraschend ist, dass die rivalisierende Partei Fianna Fáil die Minderheitsregierung tolerieren will.

Zehn Wochen nach der Wahl hat Irland eine neue Regierung. Das Parlament wählte am Freitag Enda Kenny von der konservativen Partei Fine Gael erneut zum Ministerpräsidenten. Kenny erhielt 59 Stimmen, 49 Abgeordnete stimmten gegen ihn. Die zweitstärkste Partei Fianna Fáil sagte zu, eine Minderheitsregierung unter Kenny zu tolerieren. Die Erzrivalin der Fine Gael hielt sich bei Kennys Wahl zurück und will dies auch bei allen anderen wichtigen Entscheidungen bis Ende 2018 tun.

Es war Kennys vierter Versuch seit der Wahl vom 26. Februar, eine Regierung zu bilden. Die Koalition von Fine Gael und Labour wurde bei der Parlamentswahl abgestraft. Fine Gael erlitt erhebliche Verluste und ist nun mit etwa 25 Prozent nur noch wenig stärker als der liberale Rivale Fianna Fáil. Grund dürfte sein, dass der jüngste Wirtschaftsaufschwung in Irland noch nicht bei allen Iren ankommt. Kommentatoren in Dublin hatten von einer Protestwahl gegen den Sparkurs der Regierung gesprochen, die das Land seit 2011 aus der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise geführt hatte.

Vor der Wahl war eine Koalition der Rivalen undenkbar

Das Land war in der Finanz- und Schuldenkrise an die Grenze der Staatspleite geraten und wurde 2010 mit internationalen Krediten gerettet. Den Euro-Rettungsschirm verließ Irland 2014 wieder und gilt inzwischen als Musterschüler unter den ehemaligen Euro-Krisenstaaten.

Die beiden konservativen Parteien Fine Gael und Fianna Fáil sind sich programmatisch zwar nah, aber wegen des irischen Bürgerkriegs Anfang des 20. Jahrhunderts tief verfeindet. Eine Koalition der beiden Rivalen war vor einigen Wochen noch undenkbar.

Da Fianna Fáil an der Macht war, als Irland in die schwere Schuldenkrise rutschte und unter den EU-Rettungsschirm musste, hatte Kenny vor der Wahl eine Koalition strikt ausgeschlossen. In den vergangenen Wochen war eine von Fianna Fáil geduldete Fine-Gael-Minderheitsregierung zunehmend wahrscheinlicher geworden.

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