Regierung:"Gezeter" und "Gewürge"

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Die Opposition ist sich ausnahmsweise einmal einig - und zwar in der Beurteilung der ersten 100 Tage der Koalition. AfD, FDP, Linke und Grüne nutzen den Tag, um zumindest kurz wieder auf sich aufmerksam zu machen.

Die ersten 100 Tage der großen Koalition sind vorbei. Für eine erste Zwischenbilanz haben Union und SPD gerade keine Zeit, sie streiten gerade heftig über das Thema Asyl und Abweisungen von Migranten an den Grenzen. Die Oppositionsparteien hingegen haben Zeit - und stellen erwartungsgemäß der "GroKo" ein schlechtes Zeugnis aus.

AfD

Aus Sicht von AfD-Fraktionschefin Alice Weidel sind die ersten hundert Tage der Koalition "hundert schwarze Tage für Deutschland". Sie verweist unter anderem auf die Flüchtlingspolitik und die Missstände beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) im Innern und die angespannten Beziehungen zu den USA und Russland im Äußeren. Weidel wirft Union und SPD zudem einen "verschärften Krieg" gegen die deutsche Autoindustrie vor, der den deutschen Wohlstands gefährde. "Für Deutschland und die Deutschen wäre es das Beste, wenn den ersten hundert Tagen dieser Regierung nicht noch einmal weitere hundert GroKo-Tage folgen", sagte Weidel.

FDP

Die FDP habe ein "Weiter so" von der "GroKo" erwartet, gekommen sei aber ein "Schlimmer so", kritisiert Parteichef Christian Lindner. Große Vorhaben gebe es nicht. Der FDP-Chef wirft Union und SPD Fehler in der Flüchtlings- und Einwanderungspolitik, auf europäischer Ebene und bei der Digitalisierung vor. Zudem werde in dem Bündnis mit einer Schärfe und Härte gestritten, mit der die FDP als Oppositionspartei gar nicht mithalten wolle. Sein Fazit: "Für die Opposition sind das schwierige Zeiten, denn die Regierung selbst ist sich Opposition genug." Er erwarte aber auch, dass sich die Unionsparteien "wieder zusammenraufen".

LINKE

Aus Sicht von Fraktionschef Dietmar Bartsch haben Union und SPD "einen Stotterstart mit Ansage" hingelegt. "Viel Gekeife und Gezeter - aber inhaltlich fast nichts bewegt." Gekommen seien von der großen Koalition allein die Erhöhung von Diäten und der Parteienfinanzierung, ergänzt durch "rechtes Wahlkampfgetöse" der CSU. "Die Bürgerinnen und Bürger haben mehr verdient."

GRÜNE

Für Grünen-Parteichef Robert Habeck ist die "GroKo" nach drei Monaten bereits am Ende. Mit so einer "miserablen Performance" habe wohl niemand gerechnet, sagte Habeck im ZDF bezogen auf den Krach um die Flüchtlingspolitik. Besserung sei nicht in Sicht: "Die CSU wird nicht aufhören zu zündeln, bis die bayerische Landtagswahl vorbei ist." Die findet im Oktober statt. Wahrscheinlich sei, dass die Christsozialen auch danach weiter machen. "Das ganze Elend, das ganze Gewürge wird uns noch lange, lange Wochen erhalten bleiben." Dies sei alles zum Schaden der Demokratie.

© SZ vom 22.06.2018 / AFP, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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