Reformen in der Volksrepublik:China will Ein-Kind-Politik lockern

'Ein-Kind-Politik' in China

Aufweichung eines langjährigen, umstrittenen Systems: China will sich von der Ein-Kind-Politik lösen.

(Foto: dpa)

Überraschende Ankündigung aus China: Die Volksrepublik will die umstrittene Ein-Kind-Politik aufweichen. Außerdem sollen die international scharf kritisierten Arbeitslager zur Umerziehung von Oppositionellen abgeschafft werden. Eigentlich waren vom Parteikongress der Kommunisten nur Wirtschaftsreformen erwartet worden.

Chinas kommunistische Führung hat bei einem Spitzentreffen überraschend umfangreiche gesellschaftliche Reformen in die Wege geleitet. China will die Ein-Kind-Politik lockern und das international scharf kritisierte System der "Umerziehung durch Arbeit" abschaffen. Das geht nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa aus dem Abschlussdokument der am Dienstag zu Ende gegangenen Sitzung des Zentralkomitees hervor. Das Papier wurde jetzt in Peking veröffentlicht.

Die Entscheidungen gehörten zu einer Reihe von Schritten, mit denen die Menschenrechtssituation sowie "juristische Methoden verbessert werden" sollen, meldet die Agentur AFP unter Berufung auf die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Durch das System "Umerziehung durch Arbeit" konnten die Behörden bislang Angeklagte ohne Prozess zu jahrelanger Haft in Arbeitslagern verurteilen.

Einem Bericht der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2009 zufolge sollen etwa 190.000 Chinesen von solchen Maßnahmen betroffen gewesen sein. Die Bedingungen in den Arbeitslagern sind Menschenrechtsaktivisten zufolge sehr unterschiedlich. Die Rede ist aber zumeist von ausgesprochen langen, harten Arbeitstagen in Industrieanlagen oder in der Landwirtschaft. Das System wurde eingeführt, um kleinere Vergehen rasch bestrafen zu können.

China rückt von Ein-Kind-Politik ab

Auch die bisherige Ein-Kind-Politik soll Xinhua zufolge aufgeweicht werden. Vorgesehen ist demnach, dass Ehepaare zwei Kinder haben dürfen, wenn ein Elternteil Einzelkind ist. Die Ein-Kind-Politik gilt seit den späten Siebzigerjahren. Um das Bevölkerungswachstum einzudämmen, dürfen in Städten lebende Paare bislang nur ein Kind bekommen. Paare auf dem Land dürfen derzeit ein zweites Kind bekommen, wenn das erste ein Mädchen ist.

Die Ein-Kind-Politik steht vor allem in der Kritik, weil sie häufig mit brutalen Mitteln durchgesetzt wurde. So gab es Berichte über erzwungene Spätabtreibungen und Zwangssterilisationen. Behörden nutzten die Regelung zudem aus, um für unerlaubt geborene Kinder Bestechungsgeld zu kassieren. Kritiker machen die Politik auch für ein durch Abtreibungen herbeigeführtes Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern verantwortlich. So wurden im vergangenen Jahr 18 Prozent mehr Jungen als Mädchen geboren.

Xinhua meldete außerdem, gemäß den Entscheidungen der Kommunistischen Partei solle "Schritt für Schritt" die Zahl der Delikte verringert werden, die mit der Todesstrafe geahndet werden. Im vergangenen Jahr waren nach Angaben der US-Menschenrechtsorganisation Duihua in China etwa 3000 Menschen hingerichtet worden. Im Jahr 2002 waren es demnach noch 12.000 Menschen. Seither ging die Zahl kontinuierlich zurück.

Weitere Anpassungen werden für die Zukunft in Aussicht gestellt, wie aus dem Dokument hervorgeht. China will auch den Bankensektor weiter öffnen und Investitionen mit privatem Kapital stärker fördern. Im Markt solle ein gemischter Besitz mit privaten und staatlichem Kapital entwickelt werden.

Von Samstag bis Dienstag hatte in Peking das 376-köpfige Zentralkomitee der Kommunistischen Partei getagt. Danach hieß es von staatlichen Stellen zunächst nur, es seien "umfassende vertiefende" Wirtschaftsreformen beschlossen worden. Das Treffen war das sogenannte dritte Plenum des Zentralkomitees seit dem 18. KP-Kongress im November 2012, bei dem die neue Führungsriege um Staatschef Xi Jinping bestimmt worden war. Xi verfolgte seit seinem Amtsantritt im März eine Reihe von Reformen.

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