Reform der Wiederaufnahme:Bundestag erleichtert Rückkehr in die Krankenversicherung

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Hunderttausende Menschen in Deutschland sind nicht krankenversichert - und hatten bisher kaum eine Chance auf eine Wiederaufnahme. Denn für die nichtversicherte Zeit fielen hohe Nachzahlungen an. Das soll sich nach einem Beschluss des Bundestags ändern.

Manche wenden sich an soziale Einrichtungen, die auch ohne Versicherung behandeln, andere schieben den Gang zum Arzt wochen- oder monatelang hinaus: Hunderttausende in Deutschland leben ohne Krankenversicherung. Für sie wird jeder anstehende Arztbesuch zur finanziellen Herausforderung. Diese Lücke im Versicherungssystem soll nun geschlossen werden. Der Bundestag hat mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und Grünen eine vereinfachte Rückkehr in die Krankenkassen beschlossen. "Wir bringen die betroffenen Menschen wieder in die Absicherung zurück", sagte Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP).

Nach den jüngsten Zahlen des statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2011 137.000 Personen in Deutschland ohne Krankenversicherungsschutz. Bisher musste jeder von ihnen bei einer Wiederaufnahme die Beiträge für die nichtversicherte Zeit nachzahlen - denn seit 2007 herrscht nach dem Gesetz in Deutschland Versicherungspflicht. Wer dagegen verstößt, muss im Nachhinein für die fehlenden Beträge ab dem Jahr 2007 aufkommen. Bei manchen Bürgern haben sich bereits so hohe Summen angesammelt, dass für sie die Rückkehr unmöglich wurde. Vor allem die anfallenden Zinsen in Höhe von fünf Prozent bei der gesetzlichen Krankenversicherung ließen die Schulden schnell wachsen.

Wer sich nun bis zum 31. Dezember bei einer Krankenversicherung meldet, wird von den bisherigen Nachzahlungen befreit. Gesetzlich Versicherte, die künftig Beitragsschulden machen, sollen statt den monatlichen fünf Prozent Säumniszuschlag nur noch ein Prozent zahlen müssen. Auch für Mitglieder in der privaten Versicherungen gibt es Erleichterungen: Privat Versicherte sollen nach einem Mahnverfahren einen sogenannten Notlagentarif erhalten, der eine Anhäufung von Schulden verhindern soll. Denn der Tarif ist billiger als der Normalbetrag. Trotzdem sichert er den Kunden für die Zeit finanzieller Notlagen ein Mindespaket an Leistungen zu.

Opposition verurteilt die Neuerungen

Die Opposition verurteilt die geplanten Neuerungen jedoch als unzureichend: "Die Leute, die jetzt die Schulden gemacht haben, werden die Schulden, die kurzfristig erlassen werden, doch wieder machen", sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Im Einklang mit den rot-grünen Wahlversprechen setzt er sich für eine umfassende Bürgerversicherung ein: "Führen Sie eine Wahlmöglichkeit für eine Bürgerversicherung ein, dann wäre Ihr Notfalltarif, dann wären Ihre Säumniszuschläge, dann wäre das alles platt."

Auch die Kassen selbst sind nicht ganz überzeugt. Die aus der Versicherungspflicht entstehenden Lasten dürften nicht alleine den Beitragszahlern aufgebürdet werden. "Hier wäre eine grundlegende Lösung über Steuergelder nötig", sagte ein Verbandssprecher.

Neben den Neuerungen bei der Krankenversicherung hat der Bundestag zudem Soforthilfen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro für die deutschen Krankenhäuser beschlossen. Außerdem reagierte das Parlament auf den Organspendeskandal an deutschen Kliniken: Von nun an zieht die Manipulation von Wartelisten eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren nach sich.

Das Gesetzespaket muss noch vom Bundesrat gebilligt werden. Seine Zustimmung wird am 5. Juli erwartet.

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