Reform der Bundeswehr:Geld und Ideale

"Tu was für Dein Land" - Verteidigungsminister Thomas de Maizière stellt heute sein bedeutendstes Projekt vor, die Bundeswehrreform. In Zukunft will er Freiwillige mit Zuschlägen locken und appelliert ans Pflichtgefühl. Doch auch mit unpassenden Vergleichen wird um Soldaten geworben.

Peter Blechschmidt, Berlin

Wie man ausreichend - und vor allem ausreichend qualifizierten - Nachwuchs gewinnt, ist für eine Freiwilligen-Armee eine der größten Herausforderungen. Das wird Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) betonen, wenn er an diesem Mittwoch seine Pläne zur umfassendsten Reform in der Geschichte der Bundeswehr vorstellt.

Von der Verteidigungsarmee zur Truppe fuer Krisenbewaeltigung

Dringend gesucht: Bewerber für die neue Freiwilligenarmee.

(Foto: dapd)

So sehr er darauf bedacht war, Vorabinformationen zu verhindern, so sehr wird sein Auftritt, der Bedeutung des Projekts angemessen, nun inszeniert. Zuerst geht de Maizière ins Kabinett. Dann spricht er in der Berliner Julius-Leber-Kaserne vor Führungspersonal aus Politik und Bundeswehr. Seine Rede wird vom Nachrichtenkanal Phoenix live übertragen, in den Büros des Ministeriums und der Kasernen ist Zuschauen Dienst. Am Nachmittag dann stellt sich der Minister den Fragen in der Bundespressekonferenz.

Einer der wenigen Eckwerte, die vorab zuverlässig bekanntgeworden sind, ist die künftige Personalstärke. Nachdem der Bundestag die Aussetzung der Wehrpflicht beschlossen hat, werden in der Bundeswehr der Zukunft nur noch Freiwillige anzutreffen sein. Dabei gehen die Planer von 170.000 Zeit- und Berufssoldaten aus. Als Ersatz für die bisherigen Wehrpflichtigen wirbt die Bundeswehr um sogenannte freiwillig Dienende, die sich für zwölf bis 23 Monate verpflichten sollen.

Im ursprünglichen Konzept von de Maizières Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) war von bis zu 15.000 freiwilligen Kurzdienern die Rede. Angesichts der bisher schwachen Resonanz auf dieses Angebot haben die Bundeswehrplaner ihre Erwartungen auf 5000 Bewerber reduziert - mit der Möglichkeit, auch mehr junge Männer und Frauen aufzunehmen, wenn sie denn kommen sollten.

Im Bemühen um gute Köpfe steht die Bundeswehr im Wettbewerb mit der Wirtschaft. Dieser Wettbewerb wird umso schärfer, je weniger junge Leute infolge der gesunkenen Geburtenrate auf den Arbeitsmarkt kommen. Die Bundeswehr muss sich also als attraktiver Arbeitgeber präsentieren. Dazu hat der oberste Soldat, Generalinspekteur Volker Wieker, vor kurzem ein "ganzheitliches Konzept zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in den Streitkräften" erlassen.

"Eine attraktive Aufgabe"

"Die Gewinnung und längerfristige Bindung geeigneten Personals bilden die Grundlage für den Erfolg einer Organisation", lautet der erste Satz dieses Konzepts. Die Vielzahl der Vorschläge zeigt zugleich, wo bisher die Defizite liegen. Neben vielen messbaren Kriterien wie angemessener Bezahlung, guten Aufstiegschancen und Vereinbarkeit von Dienst und Familie führt Wieker auch einen ideellen Faktor an - ganz im Sinne seines Ministers. Es geht ihm "um das Spezifische" des Bundeswehr-Auftrags.

So müsse immer wieder deutlich gemacht werden, "dass der Dienst in den Streitkräften eine besondere und im gesellschaftlichen Sinne attraktive Aufgabe ist". Der Reservistenverband bringt es auf die griffige Formel: "Tu was für Dein Land." Die Sicherheit des Einsatzortes bei der städtischen Straßenbahn mit den Perspektiven bei der Bundeswehr zu vergleichen, wie es der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus in einem am Dienstag veröffentlichten Interview getan hat, passt weniger in dieses Bild.

Doch auch wenn der Vergleich hinkt, so ist richtig, dass die Häufigkeit und vor allem die Gefährlichkeit der Auslandseinsätze das Element sind, das am stärksten von einem Dienst in der Bundeswehr abschreckt. Deshalb fordert Wieker eine Einsatzplanung, auf die sich die Soldaten auch verlassen können, sowie einen angemessenen Ausgleich in Form von dienstfreier Zeit oder vorzeitigem Ende der Verpflichtungszeit. Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten, mit deren Hilfe die Soldaten auch im Zivilleben gute Chancen haben, sollen verbessert werden. Zuschläge für Spezialisten und besonders gefährliche Tätigkeiten sollen angehoben und dynamisiert werden. Da 80 Prozent der Soldaten bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort ihre Familien nicht mitnehmen, ist die Bundeswehr eine Armee der Pendler. Dem soll durch bessere Unterkünfte Rechnung getragen werden.

Die Realisierung seiner Vorschläge erfordere neben "einem Umdenken in vielen Bereichen" vor allem mehr Geld, heißt es in Wiekers Konzept zum Schluss. "Die Möglichkeiten für Binnenoptimierungen ohne Finanzaufwand sind sehr begrenzt."

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