Referendum in Ägypten:Klare Mehrheit für neue Verfassung

al-Sisi Ägypten

Eine breite Mehrheit hat für die neue Verfassung und damit auch Militärchef Sisi gestimmt.

(Foto: Getty Images)

Das Ergebnis fällt eindeutig aus: Die Ägypter haben sich klar für eine neue Verfassung und damit indirekt für Militärchef Sisi als Präsident ausgesprochen. Allerdings soll die Wahlbeteiligung gering sein. Viele Kritiker des Referendums wurden offenbar festgenommen.

Nachdem unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen der Volksentscheid über eine neue Verfassung in Ägypten beendet wurde, gilt ein klares "Ja" als sicher. Nach inoffiziellen Auszählungsergebnissen liegt der Zuspruch bei 98 Prozent, andere Quellen berichten von mehr als 90 Prozent.

Wie das regierungsnahe Nachrichtenportal Al-Ahram berichtet, liegt die Wahlbeteiligung nach der Auszählung von 26 der insgesamt 27 Provinzen allerdings nur bei etwa 37 Prozent. Ein Vertreter des Innenministeriums gab die Wahlbeteiligung hingegen mit etwa 55 Prozent an.

In ganz Ägypten waren 53 Millionen Menschen wahlberechtigt. Eine Mindestbeteiligung für die Gültigkeit von Volksabstimmungen ist in Ägypten nicht vorgeschrieben. Das offizielle Ergebnis soll am kommenden Samstag veröffentlicht werden.

Die Übergangsregierung erhofft sich durch den Zuspruch der ägyptischen Bürger eine Stärkung ihrer Legitimität. Das umstrittene neue Grundgesetz ist eine überarbeitete Version des Dokuments, das der entmachtete islamistische Ex-Präsident Mohammed Mursi vor etwas mehr als einem Jahr nach einer Volksabstimmung unterzeichnet hatte.

Umstrittene Passagen mit einer stark islamistischen Ausrichtung wurden weitgehend entfernt. Zudem enthält es Fortschritte bei Bürger- und Frauenrechten, stärkt aber auch die Sonderstellung und den politischen Einfluss von Armee und Polizei. Kritiker sehen in dem Entwurf vor allem den Versuch der Streitkräfte, ihre Macht abzusichern.

Stimmung der Einschüchterung

Die Gegner der neuen Verfassung, die Anhänger Mursis, hatten zum Boykott des Referendums aufgerufen. Sie beklagten ein Klima der Einschüchterung vor der Abstimmung. Mehrere Aktivisten, die für ein "Nein" geworben hatten, sollen verhaftet worden sein. Beobachtern zufolge erklärt dies, warum am Ende fast nur Menschen ihre Stimme abgaben, die für die Verfassung waren.

Die Polizei nahm an beiden Tagen insgesamt 444 Personen fest, die das Referendum gestört haben sollen. Nach offiziellen Angaben sind elf Menschen bei Zusammenstößen zwischen Islamisten und Sicherheitskräften während der Abstimmung ums Leben gekommen.

Zurück zur Normalität

Das Referendum soll nach den Worten von Interimspräsident Adli Mansur auch den Weg für Parlaments- und Präsidentschaftswahlen und ist ein wichtiger Stimmungstest für Armeechef Abdel Fattah al-Sisi. Der Vizeministerpräsident und Verteidigungsminister hatte seine Kandidatur als Präsident indirekt an das Referendum geknüpft. Er hat angekündigt, nur für die Präsidentenwahl zu kandidieren, wenn "das Volk dies will". Noch hat er sich offiziell nicht dazu geäußert.

Die Wahl soll in diesem Frühjahr stattfinden. Das Referendum und die kommenden Wahlen könnten so ein halbes Jahr nach dem Sturz Mursis die Rückkehr zur politischen Normalität ermöglichen.

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