Rede zur Lage der Nation:Trumps skeptisches Publikum

Donald Trump

Kampfansage oder Versöhnungsangebot? Beobachter erwarten in Trumps Rede eher keine Nettigkeiten.

(Foto: AP; Bearbeitung SZ)
  • Kurz vor Trumps erster Rede zur Lage der Nation sind die Amerikaner skeptisch: Die Mehrheit lehnt seine Politik ab.
  • Bisher packte der US-Präsident Projekte nicht an, die einem breiteren Teil der Bevölkerung gefallen könnten, wie etwa Steuersenkungen für die Mittelschicht.
  • Experten gehen deshalb davon aus, dass er seine Vorhaben diesbezüglich in der Rede ansprechen wird.

Von Hubert Wetzel, Washington

Nimmt man die bisherigen Reden von Donald Trump als Maßstab, dann kann man an diesem Dienstag keine Nettigkeiten erwarten. Der US-Präsident legt wenig Wert auf Konventionen und Traditionen, seine Reden sind eher Kampfansagen als Versöhnungsangebote. Ähnliches erwarten Beobachter in Washington auch bei Trumps erster Rede zur Lage der Nation, die er am Abend im Kongress halten soll. Der Präsident, so heißt es, werde sich nicht für das Personal- und Politikchaos entschuldigen, das seine ersten fünf Wochen im Amt geprägt hat. Stattdessen werde Trump sich dem amerikanischen Volk als der Mann präsentieren, der seine Wahlversprechen halte und sie gegen alle Widerstände des "Establishments" durchsetze.

Im Moment ist das Publikum eher skeptisch. Nur eine Minderheit der Amerikaner hat eine positive Meinung von ihrem Präsidenten, die Mehrheit der Bürger lehnt seine Politik Umfragen zufolge ab. Sofern die Erhebungen stimmen, wird Trump von etwa 43 Prozent der Amerikaner unterstützt. Das entspricht ungefähr dem Anteil der Wähler, die für ihn gestimmt haben. Trump hat also zwar die Unterstützung derer behalten, die ihn gewählt haben, aber er praktisch niemanden überzeugen können, der ihn nicht für ihn gestimmt hat.

Das liegt wohl auch daran, dass Trumps erste Entscheidungen klar auf seine rechtspopulistischen Kernwähler zugeschnitten waren - der Austritt aus dem Freihandelsabkommen TTP, Einreiseverbot für Bürger bestimmter muslimischer Länder, neue Abschieberegeln für illegal Eingewanderte und der symbolische Beginn des Mauerbaus entlang der Grenze zu Mexiko.

Von den versprochenen Projekten, die einem breiteren Teil der Bevölkerung gefallen könnten - ein großes Infrastrukturprogramm etwa, das Arbeitsplätze schafft, oder Steuersenkungen für die Mittelschicht -, hat Trump hingegen noch keines angepackt. Anders als bisher kann er diese Projekte auch nicht per Dekret anschieben, sondern braucht dazu die Zustimmung des Kongresses. Es ist daher denkbar, dass Trump seine Rede am Dienstag vor den versammelten Abgeordneten und Senatoren nutzt, um bei diesen Vorhaben voranzukommen.

Der Haushaltsentwurf des Präsidenten gleicht einer Wunschliste

Auch die angekündigte Rücknahme der Gesundheitsreform des früheren Präsidenten Barack Obama überlässt Trump bisher dem Kongress. Das Thema ist politisch äußerst heikel: Millionen Menschen könnten ihre Krankenversicherung verlieren, wenn die Regierung die Reform der Reform verpatzt. Trump, dessen bisherige Politik vor allem darin bestand, schnelle, dramatisch aussehende Effekte zu erzielen, die zuweilen wenig Substanz haben, zeigt wenig Interesse, sich mit einem so komplizierten und langwierigen Thema zu befassen.

Bereits am Montag ließ das Weiße Haus durchsickern, wie Trump sich den Haushalt für 2018 vorstellt. Der Verteidigungsetat soll demnach um 54 Milliarden Dollar (umgerechnet 51 Milliarden Euro) steigen. Trump sprach von einer "historischen Steigerung". Die Ausgaben für Soziales und Umwelt sollen dagegen erheblich reduziert werden. Die Umweltbehörde EPA solle, berichtete die New York Times, regelrecht "ausgeweidet" werden, der Etat des Außenministeriums solle schrumpfen. Was davon Realität wird, ist freilich offen. Der Haushaltsentwurf des Präsidenten ist eher eine Wunschliste, die er an den Kongress schickt, als eine echte Blaupause für das Budget.

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