Rede vor UN:Obamas persönliches Vermächtnis

Für Demokratie und offene Gesellschaften, gegen Fundamentalismus und Populismus: Die Welt, so der scheidende US-Präsident vor der UN-Vollversammlung, ist zu klein und zu vernetzt, um mit Abgrenzung und Ausgrenzung noch Erfolg zu haben.

Von Stefan Braun, New York

Weil in Syrien wieder Bomben Menschen töten, hatten die meisten erwartet, dass Barack Obama seinen letzten Auftritt vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen für einen dramatischen Friedensappell zur Rettung Syriens nutzen würde. Daraus ist nichts geworden.

Für Obama ist das wahrscheinlich zu direkt, zu konkret, vielleicht sogar zu aktuell gewesen. Dieser erste schwarze Präsident der Vereinigten Staaten wollte bei seiner letzten Rede vor der Weltgemeinschaft umfassender, globaler ausholen.

Herausgekommen ist ein Appell, nicht länger den gefährlichen Verlockungen der Populisten, der Fundamentalisten und der vermeintlich einfachen Lösungen zu erliegen. "Unsere Welt ist zu klein, wir hängen alle viel zu sehr zusammen, um mit Abgrenzung und Ausgrenzung irgendetwas zu gewinnen", mahnte Obama.

Der US-Präsident nannte keine Namen, aber seine Botschaft war klar. Sie galt einem autoritären Russland ebenso wie fremdenfeindlichen Populisten à la Donald Trump oder religiösen Fanatikern, die im Nahen Osten wüten.

Der US-Präsident warnte vor zu großen sozialen Unterschieden, vor religiösem Fundamentalismus und vor politischer Unterdrückung. "Eine Welt, in der ein Prozent der Menschen genauso viel besitzen wie die übrigen 99 Prozent, wird nie eine sichere Welt sein", sagte Obama.

Stabile Gesellschaften

Die Welt sei durch die Technik und die sozialen Medien viel zu transparent, viel zu eng vernetzt, um soziale Unterschiede noch verbergen zu können. "Die Menschen in den Slums können heute mit einem einfachen Smartphone sehr genau sehen, wie es den Menschen in den Wolkenkratzern geht, wie sie leben, was sie haben."

Jeder solle deshalb wissen, dass jene Gesellschaften stabiler seien, in denen sich die Schere zwischen Arm und Reich schließe. Es gehe nicht darum, Reichtum zu bestrafen; es gehe darum, Wohlstand für alle möglich zu machen. Deutlicher kann man kaum thematisieren, wie soziale Spaltungen den Frieden gefährden.

"Jede Form von Überlegenheitsgefühlen vermeiden"

Mit Blick auf die Vereinfacher und Populisten, die in vielen Staaten derzeit Zulauf bekommen, betonte Obama, die Verunsicherung, die Ängste der Menschen, ausgelöst durch eine globalisierte Wirtschaft, durch Migrationsbewegungen und akute Konflikte, dürfe man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Diese Gefühle seien real.

Wichtig sei, klarzumachen, dass die vermeintlich einfachen Lösungen keine Lösungen mehr seien. "Wir müssen jede Form von Fundamentalismus, von Rassismus und Überlegenheitsgefühlen vermeiden, weil sie es sind, die Vielfalt, Offenheit, Kreativität unmöglich machen."

Obama mochte nicht bezweifeln, dass autoritäre Regime eine ganze Weile lang alle Widerstände unterdrücken und die Schuld für den Stillstand bei anderen suchen könnten. Eine gute Zukunft aber könnten sie ihren Menschen so nicht bieten.

Gegen Ende hin kam der US-Präsident auf die Erwartungen und die Kritik an den Vereinigten Staaten zu sprechen. Viele Menschen auf der Welt glaubten, dass die USA entweder an allen Problemen Schuld seien oder alle Probleme lösen müssten. Auch in Washington, so Obama, gebe es von diesen Menschen viel zu viele. Richtig aber sei weder das eine noch das andere.

Die USA hätten Fehler gemacht, das sei richtig. Aber niemand könne in diesem 21. Jahrhundert die großen Probleme alleine lösen. Das gelte auch für die Vereinigten Staaten von Amerika. Dieser Satz gegen Ende seiner Rede richtete sich natürlich erst mal an die Versammlung, also die Delegierten der 193 UN-Mitgliedsstaaten.

Aber gemeint waren auch all jene in den USA, die glauben oder behaupten, Amerika könne ganz für sich alleine entscheiden, was es tut und was es lässt auf dieser Erde. Auch das ein Vermächtnis Barack Obamas - an die eigenen Leute.

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