Rechtsradikalismus in Ostdeutschland:Friedrich warnt vor Unterwanderung durch Neonazis

Innenminister Friedrich sieht die Zivilgesellschaft in ganzen Landstrichen Ostdeutschlands von Neonazis bedroht. Deutschland könne sich das aber nicht leisten, sagt der CSU-Mann - und verweist auf den Export. Seine Analyse trifft auf harsche Kritik.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich Neonazis Ostdeutschland

"Wenn wir unsere Waren überall in der Welt verkaufen wollen, müssen wir uns auch gegenüber an unserem Land interessierten Menschen offen zeigen", so Friedrich im Tagesspiegel.

(Foto: dpa)

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat vor einer Unterwanderung Ostdeutschlands durch Neonazis gewarnt. "Mich treibt schon um, dass in einigen Landstrichen Ostdeutschlands Neonazis auftrumpfen und zivilgesellschaftliches Leben bewusst für ihre Zwecke unterwandern. Das dürfen wir nicht zulassen", sagte der CSU-Politiker dem Berliner Tagesspiegel.

Friedrich verwies darauf, dass Deutschland sich als Export-orientiertes Land und angesichts des Fachkräftemangels Ausländerfeindlichkeit überhaupt nicht leisten könne. "Wenn wir unsere Waren überall in der Welt verkaufen wollen, müssen wir uns auch gegenüber an unserem Land interessierten Menschen offen zeigen." Die Linken-Politikerin Petra Pau warf Friedrich vor, "ökonomistisch" zu denken. "Nazis sind nicht ausländerfeindlich, sondern Rassisten und damit inländerfeindlich", erklärte Pau.

Die Thüringer Linke-Abgeordnete Martina Renner kritisierte Friedrich ebenfalls und wies seine Einschätzung zu Ostdeutschland zurück. Offenkundig wisse Friedrich nicht, dass der Neonazismus in der gesamten Bundesrepublik straffe Netzwerke gebildet und in allen gesellschaftlichen Bereichen Fuß gefasst hat, sagte Renner.

In der Diskussion um ein NPD-Verbot warnte Friedrich davor, die Partei durch einen neuen Verbotsantrag aufzuwerten. Die jüngsten Wahlergebnisse zeigten, dass sie auf dem absteigenden Ast sei. "Bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen bekam die Partei nur 0,5 Prozent, und hat damit noch nicht einmal mehr Wahlkampfkostenerstattung erhalten. Da müssen wir hin, dass die NPD schlichtweg nicht mehr gewählt wird!" Zudem reiche die Gesinnung einer Partei nicht aus, um sie zu verbieten.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, nannte die Äußerungen verantwortungslos. "Ein NPD-Verbot kann nur gelingen, wenn man es wirklich will." Friedrich habe das gesamte Verbotsverfahren nur halbherzig betrieben, weil er kein Verbot wolle. "Wir können fast ein Jahr nach Entdeckung der NSU nicht einfach zur Tagesordnung übergehen", betonte Oppermann.

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