Rechtsextremismus:Stasi-Spitzel bei Neonazis

Die DDR-Staatssicherheit schleuste mindestens 42 Inoffizielle Mitarbeiter in die westdeutsche Neonazi-Szene ein.

Von Jens Schneider, Berlin

Der Staatssicherheitsdienst der DDR hat die rechtsextreme Szene in Westdeutschland offenbar stärker unterwandert, als bislang bekannt war. Aus Akten der Stasi-Unterlagenbehörde geht nach Recherchen der Berliner Zeitung hervor, dass das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) mindestens 42 Inoffizielle Mitarbeiter unter westdeutschen Neonazis und in deren Umfeld hatte. Die Informanten der Stasi berichteten demnach über Aktivitäten von gewalttätigen Neonazis in der Bundesrepublik, in Österreich und Südtirol. Die Informanten wurden von der Hauptabteilung XXII/1 geführt, die im Bereich der "Terrorabwehr" auch das rechtsextremistische Milieu in Westdeutschland beobachtete. Einige der Inoffiziellen Mitarbeiter waren offenbar gleichzeitig Informanten des westdeutschen Verfassungsschutzes.

Die Stasi-Unterlagenbehörde in Berlin bestätigte die Recherche. Dass das MfS die rechtsextreme Szene im Westen beobachtete, war bereits bekannt, allerdings nicht diese Größenordnung. "Hier zeigt sich, dass die Stasi im Bedarfsfall auch an Rechtsextremisten nahe dran war und ideologische Probleme zurückgestellt hat, wenn es nützlich erschien", sagt dazu Tobias Wunschik, Forscher bei der Stasi-Unterlagenbehörde. Die Abteilung XXII/1 habe die Neonazis mit dem Ziel beobachtet, von Aktionen gegen die innerdeutsche Grenze früh zu erfahren und sie zu vereiteln. Auch sollte verhindert werden, dass sich die Szene im Westen mit rechtsextremen Gruppen vernetzt, die sich Ende der 1980er-Jahre in der DDR zunehmend entwickelten.

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