Rechtsextremismus:Gefährliche Hetzlieder

Der Verfassungsschutz weist in seinem neuen Bericht, der an diesem Donnerstag offiziell vorgestellt wird, auf einen besorgniserregenden Trend hin: Rechtsextremisten nutzen verstärkt rassistische und antisemitische Musik, um Jugendliche für ihre Ideen zu gewinnen.

Peter Blechschmidt

Rechtsextremisten in Deutschland setzen verstärkt auf die Werbewirkung von Musik für die Rekrutierung ihres Nachwuchses. "Auch im Jahr 2007 hat die hohe Attraktivität rechtsextremistischer Musik, die insbesondere Jugendliche zu ersten Kontakten zur rechtsextremistischen Szene verleitet, nicht nachgelassen", heißt es im Verfassungsschutzbericht 2007, den Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Heinz Fromm, an diesem Donnerstag in Berlin vorstellen.

Rechtsextremismus: Der Verfassungsschutz  zeigt: Rechtsextremisten werben um Nachwuchs - auch mit rassistischer Musik.

Der Verfassungsschutz zeigt: Rechtsextremisten werben um Nachwuchs - auch mit rassistischer Musik.

(Foto: Foto: AP)

Vor allem die NPD und neonazistische Kameradschaften setzten bei ihren Veranstaltungen vermehrt Musikgruppen und Liedermacher ein. CDs werden oft auch im Umfeld von Schulen kostenlos verteilt.

Produzenten und Vertreiber rechtsextremistischer Musik setzen nach den Erkenntnissen des BfV jährlich mehrere Millionen Euro um. Mit diesem Geld werden auch andere Aktivitäten rechter Organisationen unterstützt. Dem BfV sind 146 Gruppen und 26 einzelne Liedermacher bekannt, die 2007 aktiv aufgetreten sind. Zurückgegangen ist die Zahl der Konzerte solcher Gruppen, von 163 im Jahr 2006 auf 138 im Vorjahr. Allerdings ist die durchschnittliche Besucherzahl leicht angestiegen auf etwa 150 Personen.

Vor allem neu gegründete Bands lösten sich "wegen ihres unzureichenden musikalischen Könnens" oft schnell wieder auf. Trotz dieser hohen Fluktuation sind etwa 30 Bands seit Mitte der 90er Jahre aktiv. Überdurchschnittlich viele Veranstaltungen gab es in Sachsen und in Mecklenburg-Vorpommern. In 21 Fällen gelang es den Behörden, geplante Auftritte zu verhindern. Häufig seien auch die Inhaber von Veranstaltungsräumen nach "Sensibilisierungsgesprächen'' von den Verträgen mit Konzertveranstaltern zurückgetreten, heißt es im Bericht.

Aufrufe zum Mord

Die Texte der Musikstücke sind offen rassistisch und antisemitisch. So zitiert der Bericht aus einem Stück des Liedermachers "Arische Jugend" die Zeilen: "Macht sie nieder, die Herzlbrut. Hängt ihn an den Galgen, den ewigen Jud (...) bald werden an den Straßen die Bäume voll mit hängenden Juden stehen."

Offene Aufrufe zum Mord gehören offenbar zum Standardrepertoire. So sang die Band "Sturmkommando": "Semitenpack, Kanakenbanden werden vertrieben aus deutschen Landen. Sauber und rein soll das Vaterland sein, nicht besudelt wie das dreckigste Schwein. (...) das Urteil ist gesprochen. Tod durch den Strang. (...) Hängt sie auf, steinigt sie." Die Aufführung solcher volksverhetzender Musikstücke kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden.

Gefährliche Hetzlieder

Die vorherrschende Stilrichtung in der rechtsextremistischen Szene ist der National Socialist Black Metal (NSBM). Er knüpft laut BfV an die auch für die unpolitische Black-Metal-Szene typischen neuheidnischen und antichristlichen Elemente an und pflegt internationale Kontakte im Rahmen von Zusammenschlüssen wie The Pagan Front (Die heidnische Front). Eine große Rolle spielt dabei die deutsche Band "Absurd", die, so das BfV, "Kultstatus" besitzt. Allerdings werden inzwischen auch andere Musikrichtungen aufgegriffen, um dem gewandelten Musikgeschmack entgegenzukommen. Lediglich Musikstile wie Hiphop oder Rap werden von den Extremisten als "nicht weiße Musik" abgelehnt.

Einzelheiten zu anderen Teilen des Verfassungsschutzberichtes, vor allem zum Terrorismus, will Schäuble am heutigen Donnerstag erläutern. Die Linkspartei forderte am Mittwoch unter Bezug auf den Bericht, der Verfassungsschutz solle die Beobachtung der Partei und einzelner Mitglieder umgehend einstellen.

Der Bericht bescheinigt der Linkspartei ein ambivalentes Erscheinungsbild; in ihrer Programmatik bekenne sie sich weiterhin zu einer extremistischen Ausrichtung.

Mit 840 Mitgliedern sei die "Kommunistische Plattform" mit ihrer Repräsentantin Sahra Wagenknecht die zahlenmäßig stärkste extremistische Vereinigung innerhalb der Partei, die weiter für die Überwindung des Kapitalismus und die Verwirklichung des Sozialismus kämpfe.

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