Rechtsextremismus:"Bei den Direktverbindungen Deutschland-Afrika ist das Angebot dünn"

Eine rechtsextreme Partei verschickt Gutscheine "für die Ausreise aller Überfremdungsbefürworter Richtung Afrika". Ein Olper Stadtrat nimmt sie beim Wort - und klagt jetzt auf seine Reise. Ein Anruf.

Interview von Jakob Biazza

Die rechtsradikale Kleinstpartei "Der dritte Weg" hat Post verschickt. Vor etwa einem Jahr ging ein "Gutschein für die Ausreise aller Überfremdungsbefürworter Richtung Afrika" an zahlreiche Politiker, Gewerkschaftsfunktionäre, Journalisten und Rechtsextremismus-Experten. Auf der Rückseite konnten die ankreuzen, ob sie lieber per Schiff, Flugzeug oder zu Fuß ausreisen wollen.

Der Olper Stadtrat Kai Bitzer hat "Schiff" angekreuzt - und die Karte ordnungsgemäß zurückgeschickt. Weil er trotz mehrfacher Nachfrage keine Antwort bekam - und keine Reise -, hat er nun Klage beim Amtsgericht Bad Dürkheim eingereicht, wo die Partei ihren Hauptsitz hat. Ein Anruf.

Sz.de: Was hätten Sie sich denn gerne angeschaut, in Afrika?

Kai Bitzer: Ach, ich bin da flexibel. Wobei ich Marokko oder Algerien spannend fände. Da könnte man durchaus mal hinfahren.

Irgendeine spezielle Sehenswürdigkeit?

Nein, nein. Land und Leute.

Haben Sie mit Blick auf diese Wunschziele die 2200 Euro Streitwert errechnet?

Nein, das war sehr viel komplizierter und formaljuristisch durchaus komplex: Was die da ausgelobt haben, oder was sie begehren, ist ja meine Ausreise aus Deutschland - und zwar mit einem Boot. Das impliziert nun zwingend, dass man einen deutschen Hafen nimmt. Genauer spezifiziert ist das Verkehrsmittel dann aber nicht. Und damit schuldet man laut BGB die "mittlere Qualität und Güte" - irgendwas Durchschnittliches eben, salopp gesagt. Also habe ich recherchiert und musste feststellen: Bei den Direktverbindungen Deutschland-Afrika ist das Angebot bei klassischen Fähren und Kreuzfahrten dünn. Die starten alle im Mittelmeer.

Verzwickt.

Absolut. Die Rettung war dann ein Anbieter, bei dem es Reisen mit Frachtschiffen gibt. Man kann da in den Kabinen der Eigner mitfahren. Die sind durchaus komfortabel und werden offensichtlich tatsächlich manchmal von Menschen für Urlaubsfahrten genutzt. Aktuell gäbe es da zum Beispiel Hamburg-Namibia. Dauert etwa drei Wochen. Kostenpunkt: eben circa 2200 Euro. Nur das Schiff.

Wie sehen Sie denn die Chancen für Ihre Klage?

Das ist auch nicht ganz leicht zu sagen, weil die gesetzliche Grundlage nicht explizit geregelt ist. Es gibt nur einen Paragrafen im BGB, der einen Anspruch gegen ein Unternehmen bei Gewinnversprechen begründet. Zum einen handelt es sich hier aber meiner Meinung nach nicht um ein Gewinnversprechen. Und zum anderen ist die Gegenseite kein Unternehmer. Meine Taktik begründet sich deshalb darauf, dass die Partei explizit ein Angebot gemacht hat. Und weil ich dieses Angebot angenommen habe, kommt meiner Meinung nach ein Vertrag zustande. Ich würde also sagen: Die Chance liegt bei mehr als 50 Prozent.

Bitzer NRW dritter Weg

Der Olper Stadtrat Kai Bitzer.

(Foto: privat)

Wenn Sie gewinnen, wäre es für alle anderen, die das Schreiben auch bekommen haben, sehr viel leichter, dasselbe einzuklagen.

Richtig. Da alle ihre Klage beim selben Gericht einreichen müssen, wäre das Risiko, zu verlieren, sehr gering. Ein Gericht entscheidet in solchen Fällen ja nicht mal so und mal so.

Wenn also genug Menschen ihrem Beispiel folgten, würde das den "III. Weg" vermutlich finanziell ruinieren.

Und genau das ist ja auch das eigentliche Ziel: der Kampf gegen Rechtsextremismus. Wenn sich die Möglichkeit ergäbe, denen die finanziellen Mittel abzugraben, wäre das schon großartig.

Haben Sie, neben allem Humor, auch Angst? Die eigentliche Botschaft hinter der Aktion des "III. Weges" lässt sich ja leicht entschlüsseln: "Wir wissen, wo du wohnst!"

Nein, Angst macht mir das alles nicht. Ich bin mir natürlich bewusst, dass das ein Sammelbecken von teilweise gewaltbereiten Rechtsextremisten ist. Und ich bin deshalb wohl etwas umsichtiger geworden. Aber ich lebe mein Leben, wie ich es vorher gelebt habe. Es ist ja auch nicht das erste Mal, dass ich mit Rechten konfrontiert bin.

Kennen Sie die Menschen, die Ihnen den "Gutschein" geschickt haben?

Absender ist ja die Parteizentrale, also der Bundesvorsitzende Klaus Armstroff. Den kenne ich nicht persönlich. Bei den Leuten, die hier lokal agieren, würde ich sagen: Man kennt sich gegenseitig.

Und begegnet sich auf der Straße?

Das nicht. Aber man stattet sich auf Veranstaltungen manchmal gegenseitig Besuche ab.

Spricht man dann miteinander?

Ich versuche das. Aber da kommt wenig zurück. Die sind nicht sehr interessiert dran, mit andersdenkenden Menschen in Kontakt zu treten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: