Rechte Demonstrationen:Verbieten ist schwer

Hooligan-Demo gegen Salafisten

Vermummte Demonstranten in Köln.

(Foto: dpa)

Nach der Demo ist vor der Demo: Die Gruppe "Hooligans gegen Salafisten" kündigt nach den Krawallen in Köln Proteste in Berlin und Hamburg an. Innenminister de Maizière möchte das untersagen. Unter welchen Voraussetzungen geht das?

Von Lilith Volkert

Auch Schläger haben den Wunsch nach Feedback. "Wie habt ihr eigentlich den 26.10.2014 erlebt bzw. empfunden? Was war gut? Was könnte man besser machen?" heißt es auf einer Facebookseite der Gruppe "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa). Die Frage bezieht sich auf die Ausschreitungen in der Kölner Innenstadt. Fast 5000 zum Teil rechtsextreme Demonstranten waren am Sonntag auf die Straße gegangen, 49 Polizisten wurden bei den Krawallen verletzt.

Dass sich die Gruppe so dezidiert Gedanken macht, hat einen einfachen Grund: Es soll nicht ihr letzter Aufmarsch gewesen sein. Für 15. November hat HoGeSa in Berlin und Hamburg zwei weitere Demonstrationen angekündigt. Im Internet rufen Hooligans außerdem dazu auf, sich am 9. November, dem Tag des Mauerfalls, einer rechten Kundgebung vor dem Reichstag anzuschließen - auch wenn sich die HoGeSa inzwischen auf ihrer Facebook-Seite von der Veranstaltung distanziert.

"Das hat mit Demonstrationsfreiheit nichts mehr zu tun und sollte dementsprechend untersagt werden", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) der Bild-Zeitung. Der Berliner Innensenator Frank Henkel lässt gerade prüfen, ob die Versammlung am 15. November verboten werden kann. Gewaltbereiten Gruppierungen dürfe nicht tatenlos die Straße überlassen werden, sagte er.

Sind Gegendemonstranten oder Unbeteiligte in Gefahr?

Doch ein Verbot ist nicht so einfach durchzusetzen. Das Versammlungs- und Demonstrationsrecht ist vom Grundgesetz geschützt. Nur weil befürchtet wird, dass es Ausschreitungen einzelner Teilnehmer gibt, darf eine Veranstaltung nicht von vornherein abgesagt werden. Auch dass ein hohes Polizeiaufgebot den Steuerzahler belastet, lassen die Gerichte nicht als Grund durchgehen. "Ganz anders sieht es aus, wenn die Polizei die Demonstration mit zumutbaren Mitteln voraussichtlich nicht im Griff behalten kann und Gegendemonstranten oder Unbeteiligte in Gefahr geraten", erklärt der Berliner Rechtswissenschaftler Christian Pestalozza.

Leichter lässt sich ein Verbot dann durchsetzen, wenn der Veranstalter bei vorhergehenden Demos schon aufgefallen ist - weil er mit Absicht gewaltbereite Gruppen eingeladen hat oder ihm die Lage entglitten ist. In Berlin hat HoGeSa die Demonstration angemeldet, in Hamburg jedoch ein aus der Stadt stammender Mann, der der Polizei bislang nicht bekannt ist und der auch nicht als Hooligan gilt. Der Veranstalter der Demo in Köln war ein Funktionär der Anti-Islam-Partei "Pro NRW", die Hooligans hatten sich dem Aufmarsch angeschlossen - wie sie es auch am 9. November in Berlin vorhaben.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) möchte gewaltbereite Demonstranten abschrecken und fordert eine Überarbeitung der Strafgesetze. Straftäter und deren Unterstützer, die sich in der Masse aufhalten, würde viel zu oft straffrei davonkommen, sagt der BDK-Vorsitzende André Schulz der Neuen Osnabrücker Zeitung. CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach zeigt sich zwar ebenfalls besorgt, ist aber gegen eine Verschärfung des Demonstrationsrechts. "Das geltende Recht bietet genug Handhabe, etwa über spezielle Auflagen, die zur Gefahrenabwehr bei Demonstrationen erlassen werden können", sagte er derselben Zeitung.

Demo am Stadtrand - statt am Brandenburger Tor

Denn deutlich leichter als ein Verbot lassen sich Beschränkungen durchsetzen, an die sich Veranstalter und Teilnehmer halten müssen: Eine Route, die nicht zum Brandenburger Tor oder durch die Sternschanze führt, sondern außerhalb des Stadtzentrums verläuft. Die Vorgabe, dass Transparente vor der Veranstaltung vorgezeigt werden müssen, bestimmte Symbole gar nicht oder nur in einer bestimmten Größe gezeigt werden dürfen oder dass keine Musik gespielt werden darf. "Damit lassen sich viele konfliktbeladene Situationen sehr gut entschärfen", sagt Rechtswissenschaftler Pestalozza.

Über ein Demonstrationsverbot entscheidet der jeweilige Innenminister beziehungsweise Innensenator - er trägt hinterher auch die politische Verantwortung. Die Einschätzung, ob sie eine Demonstration im Griff haben wird, trifft zuvor die Polizei. In diesem Fall werden sich die Behörden in Hamburg und Berlin wohl mit den Kollegen in Köln beraten. "Wir tauschen uns wie immer mit anderen Stellen aus und geben unsere Erfahrungen weiter", heißt es bei der Kölner Polizei. "Empfehlungen sprechen wir aber nicht aus. Das muss jede Dienststelle für sich selbst entscheiden."

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