Recep Tayyip Erdoğan:"Alles Türkeifeinde"

Weder Union, noch SPD, noch die Grünen: Der türkische Präsident gibt Deutsch-Türken Tipps für die Bundestagswahl. Außenministger Gabriel reagiert gereizt.

Mit der unverhohlenen Aufforderung an die Deutsch-Türken, keine "Türkeifeinde" zu wählen, hat sich Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan in den Bundestagswahlkampf eingemischt. SPD und CDU beschuldigte er am Freitag, mit der "Schädigung der Türkei" Wahlkampf zu betreiben. "Ich fordere alle meine Landsleute in Deutschland auf, nicht den Fehler zu begehen und die zu unterstützen, weder die Christdemokraten, noch die SPD, noch die Grünen", sagte Erdoğan, "das sind alles Türkeifeinde.". Die in Deutschland wahlberechtigten Türken sollten die Parteien unterstützen, die sich der Türkei gegenüber nicht feindlich verhielten. Es gebe "fast eine Million türkische Wähler", sagte Erdoğan. Sie sollten den sich zur Türkei "respektlos verhaltenden politischen Parteien" bei der Stimmabgabe an der Wahlurne "die nötige Lektion" erteilen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte bei einem Wahlkampfauftritt in Herford, man verbitte sich "jede Art von Einmischung in die Meinungsbildung". Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) wies Erdoğans Boykott-Aufruf ebenfalls scharf zurück. "Das ist ein bislang einmaliger Akt des Eingriffs in die Souveränität unseres Landes", sagte Gabriel den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. In Deutschland gibt es nach Schätzungen etwa 1,25 Millionen wahlberechtigte Deutsch-Türken. Studien zufolge wählen etwa zwei Drittel von ihnen meist die SPD, die anderen Grüne, Linke und CDU. Trotz ihrer Präferenz für die Sozialdemokraten unterstützen viele Deutsch-Türken zugleich Erdoğan und seine islamisch-konservative AKP. Bei Wahlen schneidet die AKP in Deutschland meist besser ab als in der Türkei.

Erneut forderte Erdoğan die Bundesrepublik zur Auslieferung mutmaßlicher Putschisten auf. "Genauso wie Deutschland seine Bürger von uns zurückhaben möchte", erwarte die Türkei, die "sich dort aufhaltenden Terroristen" ausgehändigt zu bekommen. Zudem wolle Deutschland "Kriminelle" zurück, während die Türkei "Terroristen" ausgeliefert haben wolle. Damit spielte Erdoğan wohl auf Deutsche wie den Welt-Korrespondenten Deniz Yücel, den Menschenrechtler Peter Steudtner oder die Journalistin Meşale Tolu an, die in der Türkei in Untersuchungshaft sitzen.

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