Reaktionen auf Unionsprogramm:"Massivster Angriff auf die Arbeitnehmerrechte"

Das Wahlkampfprogramm der Union empfinden viele Kritiker als Kampfansage: Nicht einmal auf die Verfassung hätten CDU und CSU Rücksicht genommen, warnt die Vize-DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer. Die FDP will unbedingt eine Erhöhung der Mehrwertsteuer verhindern und Ökonomen bescheinigen dem Programm eine "erstaunliche Mutlosigkeit".

Nach der Vorlage des CDU/CSU-Wahlprogramms hat FDP-Chef Guido Westerwelle Widerstand gegen Teile des Konzepts angekündigt, vor allem gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer.

"Im ersten Regierungsjahr wäre die Folge der Unionspläne sogar eine Mehrbelastung der Bürger. Deshalb wollen wir diesen Weg verhindern", sagte Westerwelle der in Hannover erscheinenden Neuen Presse.

Mit Blick auf die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 18 Prozent forderte er CDU und CSU auf, "zurück zum Kurs der marktwirtschaftlichen Vernunft" zu kehren. Die Unionsforderung nach einer Mehrwertsteuererhöhung werde in einer schwarz-gelben Koalition "nicht das letzte Wort sein".

"Die Union wird nachlegen müssen"

Auch bei Ökonomen und Wirtschaftswissenschaftlern stößt die Union mit ihrem Wahlprogramm auf Kritik. Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, hatte weit reichendere Reformankündigungen erhofft. "Die Union wird noch nachlegen müssen", sagte Hüther dem Berliner Tagesspiegel. Bei der Sanierung der maroden Staatsfinanzen zeige die Partei "eine erstaunliche Mutlosigkeit", kritisierte der Experte.

Nach Berechnungen des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) könnten mit der von der Union beabsichtigten Senkung der Lohnnebenkosten um zwei Prozentpunkte aber 500.000 neue Arbeitsplätze entstehen.

DIW-Präsident Klaus Zimmermann begrüßte deshalb die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer, berichtet der Münchner Merkur. Beunruhigt zeigte sich Zimmermann indes, dass im Wahlprogramm keine Finanzierung für die Kopfpauschale im Gesundheitswesen genannt werde.

Die einzige Finanzierungsmöglichkeit sei eine weitere Mehrwertsteuererhöhung auf 20 Prozent. "Für die Konjunktur wäre das noch vertretbar", sagte Zimmermann.

Die Gewerkschaften liefen Sturm gegen die von der Union geplanten Einschnitte in den Kündigungsschutz sowie Tarifautonomie und Mitbestimmung. "Einen so massiven Angriff auf die Arbeitnehmerrechte habe ich in meinem langjährigen Berufsleben noch nicht erlebt", sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer der Berliner Zeitung. Nicht einmal Rücksicht auf die Verfassung hätten CDU und CSU genommen.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Franz-Josef Möllenberg, bezeichnete das Programm als "eine Kampfansage an die Betriebsräte und Gewerkschaften".

IG-BAU-Chef Klaus Wiesehügel äußerte die Vermutung, die Union werde Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung auch zur Senkung des Spitzensteuersatzes verwenden. "Im Grunde müssen wir Arbeitnehmer dafür bezahlen, dass Millionären die Steuern gesenkt werden", sagte Wiesehügel.

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