Reaktionen auf umstrittene Rede:"Wacht auf Muslime, der Papst beleidigt den Propheten"

Lesezeit: 3 min

Droht ein neuer Proteststurm in der islamischen Welt wie beim Karikaturenstreit? Mit seinen Äußerungen über Mohammed hat der Papst bei Muslimen weltweit Empörung ausgelöst. Aus Pakistan, dem Iran und vor allem der Türkei kommt scharfe Kritik am Vatikan. Es kam bereits zu ersten Demonstartionen.

Die ägyptische islamische Arbeitspartei hat Papst Benedikt XVI. vorgeworfen, er habe in seiner umstrittenen Rede über den Islam den Propheten Mohammed beleidigt.

Muslime in Kaschmir protestieren gegen die Äußerungen des Papstes. (Foto: Foto: AFP)

"Wacht auf Muslime, der Papst beleidigt den Propheten und bezeichnet den Islam in seiner Ahnungslosigkeit als möglichen Feind", hieß es in einer in Kairo verbreiteten Erklärung der Partei. Die Arbeitspartei rief zu Protestkundgebungen gegen den Papst auf.

Auch die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) hat Benedikt XVI. wegen seiner Äußerungen scharf kritisiert und sprach von einer "Verleumdungskampagne" des Papstes gegen den Propheten Mohammed.

"Böse und unmenschlich"

Die Organisation, der 57 Staaten mit islamischer Bevölkerung angehören, erklärte bei einer Konferenz im saudi-arabischen Dschidda: "Die OIC hofft, dass diese Kampagne nicht der Prolog für eine neue Politik des Vatikans gegenüber dem Islam ist, besonders nach den vielen Jahrzehnten des Dialoges, der die Kleriker des Vatikans und die führenden Denker und Religionsgelehrten der Muslime einander näher gebracht hat."

Der Papst habe Mohammed in seiner Vorlesung in Regensburg als "böse und unmenschlich" dargestellt. Außerdem habe er behauptet, der Islam sei vor allem durch Blutvergießen und Gewalt verbreitet worden, "was mit der Natur Gottes nicht zu vereinbaren ist".

Die stehe in krassem Widerspruch zum Ruf des Propheten Mohammed, der ein "Prophet der Gnade für die gesamte Menschheit" sei.

In der Erklärung hieß es weiter, die OIC hoffe, dass der Vatikan eine Stellungnahme abgeben werde, die "seine wahre Haltung und seine wahren Ansichten über den Islam und die Lehren des Islam reflektiert".

Die OIC habe sich ihrerseits immer zurückgehalten und sich nie auf eine Polemik über die Kreuzzüge und Religionskriege der Kirche und die Verfolgung von Muslimen während der Inquisition eingelassen, betonten die Vertreter der Mitgliedstaaten.

"Im Islam den Feind sehen"

Der oberste islamische Geistliche in der Türkei, Ali Bardakoglu, forderte den Papst auf, seine Äußerungen zurückzunehmen und sich zu entschuldigen. Er fühle sich von den Bemerkungen beleidigt, sagte der Vorsitzende des Direktorats für religiöse Angelegenheiten laut der Nachrichtenagentur Anadolu.

Bardakoglu richtete zugleich Vorwürfe gegen das Christentum. Nicht der Islam, sondern das Christentum habe das Schwert zur Bekehrung genutzt, sagte der Geistliche. "Die Kirche und die westliche Öffentlichkeit haben Kreuzzüge begonnen, weil sie im Islam den Feind sehen.

Inzwischen wurde in der Türkei auch der Ruf nach einer Absage des Türkei-Besuches des Papstes im November laut. "Jemanden, der über unseren Propheten herzieht, wollen wir in der Türkei nicht sehen", sagte der Gewerkschaftsvorsitzende der Angestellten im türkischen Religionsamt, Ahmet Yildiz, der islamistischen Zeitung Anadolu'da Vakit.

"Leider hat der Papst den Islam beleidigt", sagte der einflussreiche Geistliche Ahmad Chatami in einer live im Rundfunk übertragenen Rede. In Indien haben muslimische Gelehrte die Äußerungen des Papstes zu Islam und Gewalt als "unverantwortlich" und "blasphemisch" kritisiert.

Im mehrheitlich muslimischen indischen Bundesstaat Jammu und Kaschmir beschlagnahmten Polizisten vorsorglich Tageszeitungen, in denen über diese Äußerungen berichtet wurde, um Unruhen zu verhindern. Führende Muslime werteten die Worte des Papstes als Provokation und verwiesen auf die angespannten interreligiösen Beziehungen.

Vatikan: Papst respektiert den Islam

Der staatliche Rundfunk in Pakistan berichtete, im Parlament des Landes sei einstimmig eine Resolution angenommen worden, in der es heißt, die Äußerungen Benedikts verletzten die Gefühle der Muslime, erzeugten eine Kluft zwischen den Religionen und stellten einen Verstoß gegen die UN-Menschenrechtskonvention dar. Ähnlich wollten sich Vorbeter auch bei den Freitagsgebeten äußern.

Der Vatikan wies die Kritik von Muslimen an Äußerungen Papst Benedikts XVI. zum Islam zurück. Der Papst respektiere den Islam, erklärte Vatikansprecher Federico Lombardi nach der Rückkehr des Kirchenoberhaupts von dessen Deutschlandbesuch.

Benedikt wolle den Respekt und den Dialog mit anderen Religionen und Kulturen vorantreiben, auch mit dem Islam.

Benedikt hatte bei einem Vortrag an der Universität Regensburg einen christlichen Kaiser aus dem Mittelalter zitiert, der den Propheten Mohammed scharf kritisierte.

"Nur Schlechtes und Inhumanes"

Er zitierte den byzantinischen Kaiser Manuel II. Palaeologos (14. Jahrhundert) mit den Worten: "Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat und da wirst Du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten...".

Papst Benedikt XVI. hatte in Regensburg erklärt, Religion dürfe niemals zur Rechtfertigung von Gewalt missbraucht werden oder gar selbst zur Gewalt aufrufen.

Auch in Deutschland hatten Muslime verärgert auf den Vortrag reagiert. Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, sagte dem Tagesspiegel, es falle ihm schwer zu glauben, "dass der Papst gerade im Verhältnis zur Gewalt die Grenze zwischen Islam und Christentum sieht".

Schließlich sei auch die Geschichte des Christentums blutig gewesen - "man denke nur an die Kreuzzüge oder die Zwangsbekehrungen von Juden und Muslimen in Spanien".

Auch Benedikts Einschätzung des Islams als einer Religion, die nicht auf Vernunft baue, verstehe er nicht, sagte Mazyek: "Gerade im Islam ist der Vernunftgedanke besonders präsent. Für die islamische Rechtsprechung ist der Gebrauch des eigenen Kopfes sogar eine der Säulen."

Der Vorsitzende des Islamrats, Ali Kizilkaya, nannte die Aussagen des Papstes während seines Deutschlandbesuchs "irritierend und höchst bedauerlich".

Benedikt habe zu Beginn des Besuchs an die Politik appelliert, den Dialog der Kulturen und Religionen zu verstärken. Dies sei allerdings "kein positiver Beitrag dazu", sagte Kizilkaya dem Blatt. "Wenn wir alle in die historische Kiste greifen wollten, dann wäre der Dialog kaum möglich."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: