Reaktionen auf SPD-Votum:Dreyer: "Es ist eine wirkliche Zweckentscheidung geworden"

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Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Malu Dreyer.

(Foto: Carsten Koall/Getty Images)

Nach der Entscheidung der SPD-Mitglieder reagieren Politiker überparteilich vor allem positiv. Kevin Kühnert zeigt sich enttäuscht. Frankreichs Präsident Macron sieht darin eine "gute Nachricht für Europa".

Die SPD-Basis hat den Weg für eine Neuauflage der großen Koalition frei gemacht. Eine Welle der Erleichterung rollt durch das politische Berlin. Es gibt aber auch Enttäuschte - nicht nur bei den Jusos. Die Reaktionen:

SPD: Der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz begrüßt die Zustimmung der Parteibasis zur großen Koalition . "Ich bin froh über das Ergebnis", sagt Schulz der SZ. "Es kann Deutschland und Europa nach vorne bringen und die SPD stärken." Die SPD-Spitze zeigt sich erfreut über die Entscheidung der Basis und sieht die Partei im Aufwind. "Ich bin froh, dass es jetzt so gekommen ist", sagt Fraktionschefin Andrea Nahles. Das Votum werde die Partei nicht spalten: "Wir bleiben jetzt zusammen."

Die Partei sei durch die Debatte zusammengewachsen, sagt auch der kommissarische Parteichef Olaf Scholz. Das Mitgliedervotum bedeute Rückenwind für die SPD, betont Bundesjustizminister Heiko Maas. "Auf die Mitglieder der SPD ist Verlass. Sie lassen sich nicht erschrecken oder entmutigen", sagt Außenminister Sigmar Gabriel. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Malu Dreyer kommentiert das Ergebnis etwas nüchterner: "Es ist am Ende dann auch eine wirkliche Zweckentscheidung geworden."

DIE JUSOS: Er sei enttäuscht, sagt der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert. Der GroKo-Gegner kündigt an, der Regierung künftig auf die Finger schauen zu wollen. "Wenn Kritik nötig ist, dann wird sie von uns kommen." Die SPD müsse sich nun programmatisch erneuern. "Wir werden dieser Partei auch so lange aufs Dach steigen, bis wir das Gefühl haben, das passiert jetzt in einem ausreichenden Rahmen."

DIE CDU: Parteichefin Angela Merkel gibt sich erleichtert - schließlich ist nun der Weg für ihre erneute Wahl zur Kanzlerin frei. "Ich gratuliere der SPD zu diesem klaren Ergebnis und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit zum Wohle unseres Landes", twittert die CDU in ihrem Namen. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer spricht von einer guten Entscheidung für die SPD und das Land. "Jetzt heißt es: an die Arbeit und zupacken", betont sie. CDU-Vize und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nennt dafür gleich Themen: ein starkes Europa und Digitalisierung.

DIE CSU: Parteichef Horst Seehofer lobt die SPD-Entscheidung. "Es gibt jetzt alle Chancen für die weitere Erneuerung Deutschlands und einen neuen gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land." Der Koalitionsvertrag biete hierzu die geeigneten Instrumente. "Die Erleichterung überwiegt", sagt Generalsekretär Andreas Scheuer. Die SPD müsse jetzt Vertragstreue und innere Stabilität beweisen.

DIE FDP: Parteichef Christian Lindner zollt der SPD Respekt. Aber "es wäre auch ein Rätsel gewesen, wenn die SPD sich einem Koalitionsvertrag mit 70 Prozent eigenem Inhalt verweigert hätte", schreibt er auf Twitter. Seine Partei freue sich nun "auf smarte Oppositionsarbeit", fügt er hinzu - ohne genauer zu erläutern, was "smart" bedeutet.

FDP-Generalsekretärin Nicola Beer bezeichnet das Ergebnis als "erwartbar". Die Partei habe mehr Angst vor Neuwahlen als vor "weiterer Marginalisierung" in einer neuen Koalition.

DIE LINKE: Die Linke übt Kritik am Votum und forderte einen "Aufbruch von links". Die SPD ist nach Worten von Linken-Chef Bernd Riexinger damit erneut "Steigbügelhalter" für eine Merkel-Regierung. Parteivorsitzende Katja Kipping sagt, ein Drittel Nein-Stimmen zeigten, dass die SPD-Mitglieder "Merkel satt" hätten. "Von sozialdemokratischer Aufbruchstimmung und Euphorie keine Spur."

Fraktionschef Dietmar Bartsch hält "die brennenden sozialen Fragen in unserem Land" für unbeantwortet.

Grüne sprechen von dreijähriger "Gnadenfrist"

Die AFD: Die AfD nennt das Mitgliedervotum der SPD und das Zustandekommen der großen Koalition eine Katastrophe für Deutschland. "Spätestens 2021 kommt die Quittung. Bis dahin werden wir als stärkste Oppositionspartei für eine vernünftige und nachhaltige Politik im Interesse der Bürger kämpfen", twittert die Partei.

DIE GRÜNEN: Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock lobt das Ende der Hängepartie, kritisiert aber die geplante Politik der GroKo. Deren "Leerstellen" bei Klima, Pflege und Kinderarmut müssen nun aus dem Parlament heraus gefüllt werden, teilt sie mit: "Die Grünen werden alles dafür geben." Grünen-Politiker Jürgen Trittin kommentiert die SPD-Entscheidung auf Twitter: "Neuwahlen vertagt. SPD-Mitglieder genehmigen sich drei Jahre Gnadenfrist."

DIE WIRTSCHAFT: Wirtschaftsverbände drängen Union und SPD nun zu entschlossenem und raschem Handeln. "Jetzt muss die Regierungsarbeit endlich beginnen", sagt der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf. "In der Umsetzung des Koalitionsvertrages müssen Regierung und Parlament nun darauf achten, Zukunftsinvestitionen zu priorisieren, Impulse für Innovationen zu setzen und dabei neue Belastungen für Bürger und Unternehmen zu vermeiden." Der Präsident des Außenhandelsverbands BGA, Holger Bingmann, sagt, nun gelte es, "zügig einige Dinge anzupacken, um als Wirtschaftsstandort im internationalen Wettbewerb nicht an Boden zu verlieren".

DIE HANDELSKAMMERN: DIHK-Präsident Eric Schweitzer begrüßt die Entscheidung, schließlich erwarte die Wirtschaft von Deutschland solide Verhältnisse und hohe Verlässlichkeit. Gleichzeitig kritisiert der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags die Vorhaben von Union und SPD. Der Koalitionsvertrag bürde vielen Betrieben unnötige Lasten auf.

Macron: SPD-Votum ist "gute Nachricht für Europa"

INTERNATIONAL: Der französische Staatschef Emmanuel Macron wertet das Ja der SPD zur großen Koalition als "gute Nachricht für Europa". Der Präsident begrüßt den Ausgang der Abstimmung in einer am Sonntag in Paris veröffentlichten Erklärung.

Belgiens Premier Charles Michel drängte zur Eile. "Ich bin überzeugt, dass die Bundesregierung eine treibende Kraft des europäischen Projekts sein kann", sagte er. "Es gilt, keine Zeit zu verlieren!"

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