Reaktionen:SPD-Wahlprogramm erntet Kritik von allen Seiten

  • Politiker von CDU und CSU reagieren ungehalten über eine Äußerung von SPD-Kanzlerkandidat Schulz.
  • Beim SPD-Parteitag am Sonntag hatte dieser Kanzlerin Merkel eines "Anschlags auf die Demokratie" bezichtigt.
  • Auch das jüngst verabschiedete Wahlprogramm der Sozialdemokraten ruft Kritik hervor, vor allem vonseiten der Grünen und der Linken.

Führende Unionspolitiker haben sich empört über SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz gezeigt. "Das ist schon ein ungewöhnlicher Vorwurf, das Wort von einem 'Anschlag gegen Demokratie' gegen die Bundeskanzlerin zu richten", sagte CDU-Vizechef Armin Laschet am Sonntagabend vor der CDU-Präsidiumssitzung in Berlin. "Das zeigt eher seine Verzweiflung, jetzt solche absurden Argumente zu suchen", betonte der designierte nordrhein-westfälische Ministerpräsident.

Der SPD-Kanzlerkandidat hatte der CDU auf dem SPD-Bundesparteitag vorgeworfen, bewusst auf eine niedrige Wahlbeteiligung in Deutschland hinzuarbeiten. "Ich nenne das einen Anschlag auf die Demokratie", sagte Schulz. Laschet hielt dem entgegen, die Union kämpfe für eine steigende Wahlbeteiligung. Diese habe es in den vergangenen drei Landtagswahlen gegeben - zugunsten der CDU.

"So groß darf die Verzweiflung niemals sein", twittert Tauber

Auch die Generalsekretäre von CDU und CSU attackierten Schulz. "So groß darf die Verzweiflung niemals sein, dass wir Demokraten uns gegenseitig Anschläge auf die Demokratie vorwerfen", twitterte CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Die SPD müsse sich überlegen, mit wem sie eigentlich noch koalieren wolle. Tauber versicherte in seiner Reaktion, die CDU kämpfe "um jede Stimme". Auch er verwies darauf, dass seine Partei bei den Landtagswahlen "die meisten Nichtwähler an die Urne zurückgeholt" habe.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte der Passauer Neuen Presse, die persönlichen Attacken gegen Kanzlerin Merkel zeigten die "riesige Ratlosigkeit der SPD". Der Parteivorsitzende Horst Seehofer kommentierte Schulz' Angriff mit: "Er scheint zu einem relativ frühen Zeitpunkt des Wahlkampfes die Nerven verloren zu haben." Der Kommentar sei eines Kanzlerkandidaten unwürdig gewesen.

"Herr Schulz sollte sich seine Worte besser überlegen", befand auch CDU-Präsidiumsmitglied Karl-Josef Laumann am Sonntagabend vor dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin.

Lindner: Gefahr der Verharmlosung echter Demokratiefeinde

Nicht nur aus der Union kam Kritik an Schulz. FDP-Parteichef Christian Lindner sagte der Heilbronner Stimme: "Wenn man so scharfes Vokabular wie Herr Schulz verwendet, dann besteht zweifellos die Gefahr einer Verharmlosung der echten Feinde der Demokratie." Doch auch die Union blieb bei Lindner nicht ungeschoren. Er fände die Aufregung dort auch "etwas gekünstelt", sagte Lindner. "Denn natürlich bleibt die CDU aus taktischen Gründen unkonkret und unambitioniert."

Reiner Hoffmann, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), verteidigte Schulz hingegen. "Es ist wahrscheinlich eine Zuspitzung, die nicht jedem gefällt; ich würde es auch anders formulieren", sagte er im RBB-Inforadio. Die Sozialdemokraten hätten jedoch "einen guten Aufschlag" gemacht, um die CDU unter Zugzwang zu bringen. Hinsichtlich des Wahlprogramms zeigte sich Hoffmann jedoch weniger zufrieden: "Das ist ein Punkt, wo sicherlich noch nachjustiert werden muss."

Linke kritisiert Verzicht auf Vermögensteuer

Dieser Meinung ist auch die Linken-Fraktionschefin im Bundestag, Sahra Wagenknecht. Die Prognose, dass die SPD mit Schulz wieder eine sozialdemokratische Partei werde, habe sich nicht erfüllt: "Tatsächlich hat die Partei nun ein Wahlprogramm beschlossen, das sich noch ängstlicher vor den Wünschen der Konzernlobbyisten und Superreichen verbeugt als frühere Programme", sagte Wagenknecht der Zeitung Welt. Der Parteitag am Sonntag sei "der Endpunkt einer großen Desillusionierung" gewesen.

Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping äußerte Zweifel daran, dass der Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten einen echten Regierungswechsel in Richtung Rot-Rot-Grün herbeiführen wolle: "Die Abstimmung gegen die Vermögensteuer auf dem SPD-Parteitag lässt daran zweifeln", dass Schulz' Wahlkampfthema Gerechtigkeit ihn weit trage, sagte sie.

Die Grünen werfen Schulz Mängel in der Umweltpolitik vor. "Die SPD betreibt Etikettenschwindel - sie redet zwar von Klimaschutz, macht aber keinen", urteilte Grünen-Spitzenkandidat Özdemir. Er warf den Sozialdemokraten vor, nichts zum Ausstieg aus der Kohleenergie zu sagen, ohne den die Klimaschutz-Ziele aber nicht zu erreichen seien. Zudem wolle die SPD bis 2050 lediglich "weitestgehend" auf erneuerbare Energien umsteigen - "ohne ein klares Instrument vorzuschlagen", bemängelte Özdemir.

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