Reaktionen auf Militärschlag:UN-Sicherheitsrat tritt zu Dringlichkeitssitzung zusammen

Militärschläge gegen Syrien

Eurofighter bereiten sich auf die Landung auf dem britischen Militärflughafen der Royal Ariforce Akrotiri in Zypern vor.

(Foto: dpa)
  • Die USA, Frankreich und Großbritannien haben in der Nacht Ziele in Syrien angegriffen.
  • Am Samstag tritt der UN-Sicherheitsrat auf Bestreben Russlands zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen.
  • Ein Überblick über Reaktionen aus Syrien, Deutschland, Russland und weiteren Staaten.

In der Nacht haben die USA, Großbritannien und Frankreich mehrere Ziele in Syrien mit Raketen beschossen. Nach Angaben der US-Regierung handelte es sich um gezielte Angriffe auf Lager und Forschungszentren für Chemiewaffen. "Ich rufe alle zivilisierten Nationen auf, uns dabei zu unterstützen, das Morden und Blutvergießen in Syrien zu beenden", sagte US-Präsident Trump.

Präsident Wladimir Putin sagte im Anschluss an die Angriffe, Russland wolle den UN-Sicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen lassen. Der Angriff werde auf das Schärfste verurteilt, teilte der Kreml mit. Die USA würden mit dem Angriff die humanitäre Katastrophe in Syrien weiter verschlimmern und "eine neue Flüchtlingswelle provozieren".

Aus Diplomatenkreisen verlautete, der Sicherheitsrat solle noch am Samstag zusammenkommen. Zu den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates zählen neben Russland auch China und die USA, Großbritannien und Frankreich. Der Rat hatte bereits in dieser Woche Dringlichkeitssitzungen wegen des mutmaßlichen Giftgasangriffs in Duma bei Damaskus abgehalten.

Der Vorsitzende des russischen Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten nannte die Angriffe hingegen eine empörende Verletzung internationalen Rechts und eine grundlose Attacke auf eine souveräne Regierung. Mehr als Hundert Raketen seien "vom Meer und aus der Luft auf syrische militärische und zivile Ziele" abgefeuert worden, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau.

Auf Twitter warnte der russische Botschafter in den USA, Anatoli Iwanowitsch Antonow, die Vereinigten Staaten, dass "solche Aktionen nicht ohne Konsequenzen bleiben". Die "schlimmsten Befürchtungen" hätten sich bestätigt. Die Warnungen Russlands in der Vergangenheit seien offenbar nicht gehört worden. Die Verantwortung dafür liege allein in Washington, London und Paris.

Syriens Präsident Baschar al-Assad ließ über die staatliche Nachrichtenagentur Sana verlauten, die Angriffe der Nacht würden "Syrien und die Syrer noch entschlossener machen, weiterzukämpfen und den Terror in jedem Teil des Landes zu zerschlagen". Er spielte damit auf den Kampf gegen Rebellen in seinem Land an. Sana zitierte am Morgen zudem eine Quelle aus dem syrischen Außenministerium, es handle sich um eine "barbarische und brutale Aggression". Der Westen wolle so die für Samstag geplante Untersuchungsmission der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) verhindern und eigene "Lügen" kaschieren.

Die Bundesregierung hat sich hinter die westlichen Angriffe gestellt. "Der Militäreinsatz war erforderlich und angemessen, um die Wirksamkeit der internationalen Ächtung des Chemiewaffeneinsatzes zu wahren und das syrische Regime vor weiteren Verstößen zu warnen", erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Man unterstütze es, "dass unsere amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats in dieser Weise Verantwortung übernommen haben".

Französische Politiker sprachen von Absprachen mit Russland vor den Luftschlägen. Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian sagte, Ziele der Angriffe seien keine Verbündete Syriens gewesen. Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly unterstützt diese Darstellung. Sie erklärte, Russland sei vor der Intervention gewarnt worden.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg unterstützt den Angriff, er sagte: "Das wird die Fähigkeiten der Führung einschränken, weiter die Menschen in Syrien mit chemischen Waffen anzugreifen." UN-Generalsekretär António Guterres rief die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zur Zurückhaltung auf und warnte vor einer weiteren Eskalation.

Die Europäische Union steht nach Aussage von EU-Ratspräsident Donald Tusk hinter seinen Verbündeten. "Die Angriffe der USA, Frankreichs und Großbritanniens machen deutlich, dass das syrische Regime zusammen mit Russland und dem Iran nicht mit dieser menschlichen Tragödie fortfahren kann, zumindest nicht ohne Folgen", schrieb er auf Twitter.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ruft die syrische Regierung dazu auf, den Einsatz von Chemiewaffen zu beenden. Es sei nicht das erste Mal gewesen, dass die Regierung in Damaskus Chemiewaffen gegen Zivilisten eingesetzt habe, aber es müsse das letzte Mal sein.

Das iranische Außenministerium verurteilt die Angriffe als Akt der Aggression gegen Syrien und warnt vor Konsequenzen in der Region. Der geistliche Führer des Landes, Ayatollah Ali Chamenei, nannte sie ein "Verbrechen". Die Regierungschefs der USA, Großbritanniens und Frankreichs bezeichnete er lokalen TV-Berichten zufolge als "Kriminelle".

Auch Irans Regierungschef Hassan Rohani versicherte dem syrischen Machthaber Assad, dass Iran weiter an Syriens Seite stehen werde. Die Angriffe seien nicht nur gegen Syrien gerichtet gewesen, sondern gegen die ganze Region. Das mache die Region unsicherer und ermutige Terroristen.

Das türkische Außenministerium begrüßt die US-geführten Angriffe hingegen als "angemessene Antwort".

Auch Israel betrachtet die Angriffe der Nacht als konsequent. Ein israelischer Regierungsvertreter sagte, US-Präsident Trump habe Assad zuvor deutlich gemacht, dass dieser mit dem Gebrauch von Chemiewaffen die rote Linie überschreite.

Reaktionen aus Deutschland

Nach Bundeskanzlerin Merkel haben sich auch die Grünen zu den Angriffen in Syrien geäußert und ein gemeinsames Vorgehen der EU-Staaten gefordert. "Die EU-Außenkommissarin muss jetzt alle EU-Staats- und Regierungschefs einladen, um eine klare Strategie zu verabreden", sagte Parteichefin Annalena Baerbock. "So furchtbar die Gräueltaten des syrischen Regimes und seiner Verbündeten sind, so falsch ist eine weitere militärische Eskalation."

Die designierte SPD-Chefin Andrea Nahles forderte: "Dieses Sterben und Morden in Syrien wird nur beendet durch eine diplomatische Lösung mit Russland". Ähnlich äußerte sich FDP-Chef Christian Lindner: Die internationale Gemeinschaft müsse auf den "Zivilisationsbruch" durch Chemiewaffen reagieren, es seien aber gleichzeitig "Dialog-Initiativen" nötig, "die es Putin erlauben, aus der Sackgasse herauszukommen".

Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, sieht den Luftschlag gegen Assad als "gerechtfertigt" an. Die Indizien, dass Assad im Kampf gegen die Opposition chemische Waffen einsetze, seien erdrückend. Der Militärschlag "diente somit dem Schutz der Menschen in Syrien".

In einem Interview mit der Heilbronner Stimme verurteilte die Fraktionschefin der Linkspartei, Sahra Wagenknecht, die Angriffe der vergangenen Nacht. "Der Militärschlag ist völkerrechtswidrig, zumal er stattfand, ehe die OPCW-Inspekteure ihre Arbeit überhaupt aufgenommen haben und der Chemiewaffeneinsatz nachgewiesen wurde. Wir können jetzt nur hoffen, dass Moskau besonnener reagiert als Washington, London und Paris und die angedrohten 'Konsequenzen' nicht zu einer weiteren gefährlichen Eskalation führen."

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