Reaktionen auf Landtagswahl in Niedersachsen:Steinmeier will Mehrheit im Bundesrat nutzen

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SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier kündigt Initiativen in der Länderkammer beispielsweise für einen flächendeckenden Mindestlohn an

(Foto: dpa)

Kanzlerin Merkel könnte durch die Landtagswahl in Niedersachsen Probleme bekommen. SPD-Fraktionschef Steinmeier kündigt an, Rot-Grün werde die neu gewonnene "Gestaltungsmehrheit" im Bundesrat nutzen. Unionsfraktionschef Kauder befürchtet eine Blockade.

Vor der Landtagswahl in Niedersachsen wurde viel über mögliche Zeichen für die Bundestagswahl im September spekuliert. Nun zeigt sich schon einen Tag nach der von Rot-Grün gewonnenen Wahl, dass die Auswirkungen viel unmittelbarer sein könnten.

Sollten die SPD von Spitzenkandidat Stephan Weil und die Grünen wie angekündigt eine Regierung bilden, gäbe es im Bundesrat erstmals seit 1998 für die allein von SPD, Grünen und Linkspartei regierten Länder eine Mehrheit. Der politische Handlungsspielraum von Bundeskanzlerin Angela Merkel könnte dadurch stark eingeschränkt werden.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier will nach der Landtagswahl in Niedersachsen die neuen Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat nutzen. "Wir haben jetzt seit Niedersachsen eine eigene Gestaltungsmehrheit", sagte Steinmeier im ZDF-"Morgenmagazin". Es werde Initiativen in der Länderkammer beispielsweise für einen flächendeckenden Mindestlohn geben. "Wir sind jetzt gezwungen, das, was der Koalition an Gestaltungswillen fehlt, über den Bundesrat nachzuholen", sagte der SPD-Politiker.

Mit Blick auf die Bundestagswahl sagte Steinmeier, in den verbleibenden acht Monaten sei "noch viel zu tun". Allerdings gebe es für SPD und Grüne auch hier gute Chancen auf einen Erfolg. Zum Umfragetief von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte Steinmeier: "Ich freue mich, dass Niedersachsen trotzdem gewonnen worden ist."

Kauder erwartet SPD-Blockade

Unionsfraktionschef Volker Kauder rechnet bereits mit einer Blockade in der Länderkammer. "Ich gehe davon aus, dass es im Bundesrat kaum noch möglich sein wird, Vorhaben durchzubringen, die die SPD nicht machen will", sagte Kauder im ZDF-"Morgenmagazin". Zudem rechnet er mit scharfen Wahlkampf-Auseinandersetzungen zur Bundestagswahl. "Es wird ein harter Wahlkampf werden", sagte Kauder. Von dem Begriff Lagerwahlkampf halte er jedoch nichts. Die Wahl in Niedersachsen habe die CDU knapp verloren, "wir können aber genauso gut gewinnen".

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sieht in der verlorenen Landtagswahl in Niedersachsen kein Signal für den Bundestagswahlkampf. "Wenn Sie die Menschen gefragt haben, das ist gestern in den Wahlanalysen auch zum Ausdruck gekommen, dann hat das eine Weichenstellung für Niedersachsen bedeutet und war keine vorgezogene Bundestagswahl", sagte der Politiker dem Deutschlandfunk. Die Abwahl der christlich-liberalen Koalition in Hannover sei ein schmerzhaftes Ergebnis gewesen.

Künast erteilt Schwarz-Grün Absage

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles erhofft sich von dem knappen rot-grünen Wahlsieg hingegen Rückenwind für den Bund. "Es ist auf jeden Fall auch, was die Stimmung angeht, für uns eine gute Situation zu Beginn des Jahres", sagte Nahles dem Bayerischen Rundfunk. Richtig sei allerdings auch, "dass es noch ein hartes Stück Arbeit wird und dass uns ein Wahlsieg auch auf der Bundesebene nicht zufliegen wird", fügte sie mit Blick auf die Bundestagswahl hinzu.

Zur Debatte um den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück sagte Nahles, die Menschen in Niedersachsen hätten offensichtlich zwischen der Landtagswahl und der Bundes-SPD unterschieden. "Insoweit verschafft das auch Herrn Steinbrück und der SPD auf Bundesebene einfach die Möglichkeit, jetzt das ein Stück weit wieder aufzugreifen, was wir hier an Erfolgen haben." Steinbrück sei auch selbst bislang mit sich nicht zufrieden. Eine Debatte über seine Kandidatur in der SPD gebe es aber nicht.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sieht den Grund für den rot-grünen Wahlerfolg in Niedersachsen in Besonnenheit und Ruhe trotz der Debatte um Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. "Man darf sich nicht verrückt machen lassen von aufgebauschten Debatten", sagte Gabriel am Montag in Berlin. "Das war ein Wahlerfolg, den sich die niedersächsische Sozialdemokratie hart erkämpft und verdient hat." Der Grund liege vor allem in der Haltung von Spitzenkandidat Stephan Weil und den Wahlkämpfern in Niedersachsen. "Wie bei jedem guten Krimi, den es in Deutschland gibt, gewinnen am Ende die Guten." Nach zehn Jahren werde wieder ein SPD-Ministerpräsident in Hannover regieren.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin hat den Umschwung im niedersächsischen Landtag der Stärke seiner eigenen Partei gutgeschrieben. "Wenn die Grünen wie in Nordrhein-Westfalen, wie in Schleswig-Holstein, in Baden-Württemberg und wie jetzt in Niedersachsen so zulegen, das ist das Rezept, mit dem man schwarz-gelbe Mehrheiten zu Ende bringt", sagte der Grünen-Politiker am Montag im ZDF-"Morgenmagazin".

"Schwarz-Gelb kann man ablösen"

Die Erfahrung zeige: "Schwarz-Gelb kann man ablösen." Die Grünen hätten sich in den vergangenen Jahren an Sachthemen entlang sehr konsequent aufgestellt. Die Schwäche der SPD in bundesweiten Umfragen bereite ihm keine Sorgen, sagte der Spitzenkandidat der Grünen für den Bundestagswahlkampf. "Sie sehen ja, dass wir wachsen können unabhängig von dem, was bei der SPD los ist."

Nach der Niederlage des bürgerlichen Lagers gibt es sowohl in der CDU als auch in der FDP Diskussionen um die Strategie der Parteien. Bei den Christdemokraten herrscht Sorge um die eigenen Wähler, bei der FDP wird weiter über die Zukunft von Parteichef Philipp Rösler debattiert (Genaueres dazu hier).

Eine viel diskutierte Bündnismöglichkeit für den Bund hat sich mit dem Ergebnis der Landtagswahl in Niedersachsen erledigt - zumindest nach Ansicht von Renate Künast, Grünen-Fraktionschefin im Bundestag: Schwarz-Grün. "Das knappe Ergebnis von Niedersachsen wird Angela Merkel zu einem klaren schwarz-gelben Lagerwahlkampf zwingen", sagte Künast der Leipziger Volkszeitung. "Das macht dann eine Debatte über Schwarz-Grün definitiv überflüssig."

Dies sei "auch gut so", fügte Künast hinzu. Merkel habe sich im niedersächsischen Wahlkampf in vielen Punkten so aufgestellt, dass "es sowieso gegenstandslos ist, sich über Schwarz-Grün Gedanken zu machen", sagte Künast.

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