Reaktionen auf Groko-Einigung:"Um Himmels Willen NEIN!"

Bundesdelegiertenkonferenz Bündnis 90/Die Grünen

"Wir sind doch nicht in Bayern oder bei Trump!", kommentiert die vormalige Grünen-Chefin Simone Peter das geplante Heimatministerium unter Horst Seehofer.

(Foto: dpa)

Die Grüne Simone Peter ist vom Ausbau des Innenministeriums nicht überzeugt. Für Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer ist der Koalitionsvertrag "ein herber Schlag". Reaktionen auf die Einigung im Überblick.

Aus den Reihen der Opposition gibt es Kritik an den Koalitionsvereinbarungen von Union und SPD. Simone Peter, bis vor Kurzem Bundesvorsitzende der Grünen, zeigte sich empört über die Pläne der Parteien, das von CSU-Chef Horst Seehofer zu führende Innenministerium um den Bereich "Heimat" zu erweitern. "Um Himmels Willen NEIN!", schrieb sie auf Twitter.

Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht kritisierte, der Koalitionsvertrag stelle die Weichen auf "Weiter so". Da Union und SPD auf höhere Steuern für Superreiche und Konzerne verzichteten, werde das Geld für nötige Investitionen fehlen. Wohnungsnot und Pflegenotstand würden sich verschärfen, unsichere Beschäftigung, Niedriglöhne und Armutsrenten weiter das Leben von Millionen Menschen prägen. Statt auf Abrüstung werde auf eine Steigerung der Rüstungsausgaben und Waffenexporte gesetzt. Sie hoffe, dass die SPD-Basis bei dem geplanten Mitgliederentscheid den Vertrag ablehne.

Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel übte Kritik an der Einwanderungspolitik der beiden Parteien. Das Wort "Obergrenze" komme in dem Koalitionsvertrag nicht vor. Das heiße, dass bis zu 220 000 Zuwanderer pro Jahr nach Deutschland kämen. "Die Groko steht: Schlimmer konnte es für Deutschland nicht kommen", schrieb sie auf Twitter.

FDP-Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann spöttelte: "Diese GroKo müsste eigentlich GeKo heißen. Denn sie ist nicht groß, sondern eine Koalition des gestern." Bei der Bildung werde weniger investiert als versprochen, bei der Rente mehr ausgegeben, als der jungen Generation zumutbar sei.

Wirtschaftsvertreter hätten sich mutigere Entscheidungen gewünscht

Auch Vertreter der deutschen Wirtschaft haben unzufrieden auf die Einigung von Union und SPD reagiert. "Beim Geldausgeben besteht eine klare Schieflage in Richtung Umverteilung anstatt in Zukunftssicherung", sagte Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie. In der Steuerpolitik fehle den möglichen Koalitionspartnern trotz guter wirtschaftlicher Lage der Mut zu spürbaren Entlastungen und zu Strukturreformen.

"Der Koalitionsvertrag ist in weiten Teilen enttäuschend und für die Unternehmen in Deutschland ein herber Schlag ohne Zukunftsperspektive", sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Er beklagte ein Mehr an Belastung und Regulierung. Der Vertrag sei geprägt "von rückwärtsgewandter Umverteilung und unverantwortlicher Belastung der jungen Generation".

Positiv äußerte sich Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer. Der Koalitionsvertrag setze beim Thema Gesundheit an vielen Stellen durchaus richtige Akzente, etwa die vorgesehenen Maßnahmen gegen den Ärztemangel. Mit Neuregelungen bei der Notfallversorgung und der Reform des Medizinstudiums seien wichtige Zukunftsthemen angesprochen.

Der High-Tech-Verband Bitkom nannte die Vereinbarungen zum Digitalbereich "einen riesigen Schritt nach vorne". Es sei gut, dass die Digitalisierung eine stärkere Rolle spielen solle.

Auch andere gesellschaftliche Gruppen sind unzufrieden

Bei den Gewerkschaften fallen die Reaktionen auf den Koalitionsvertrag gemischt aus. Es gebe "Stärken und Schwächen", erklärte der DGB. Positiv seien etwa die geplanten Investitionen in Bildung, Wohnungsbau und Verkehr. "Auf pures Unverständnis" stoße aber das Festhalten an einem ausgeglichenen Haushalt.

Dem Sozialverband SoVD fehlt ein "sozialpolitisches Leitprojekt". Es sei etwa versäumt worden, die Rentenpolitik grundlegend zu korrigieren. Auch der Sozialverband VdK fordert Nachbesserungen, "um neue Ungerechtigkeiten zu vermeiden". Von der Mütterrente müssten alle Mütter profitieren.

Umweltschützer unterstellen dem Koalitionsvertrag fehlenden Mut und fehlende "Weitsicht, Klima und Umwelt konsequent zu schützen". Das erklärte Sweelin Heuss, Geschäftsführerin von Greenpeace Deutschland. Indem sie das deutsche Klimaziel für 2020 aufgeben, verzögerten die Koalitionäre den Kohleausstieg.

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